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Das war kein bloßes Spiel mit Worten

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Mit ihrem Insistieren auf Begriffsgenauigkeit bei der Formulierung des seit Jahren heftig umstrittenen Zielparagraphen des neuen Jugendwohlfahrtsgesetzes (JWG) hat die FURCHE zweifellos einen publizistischen Erfolg zugunsten der „Betreuung der werdenden Mutter und ihrer Leibesfrucht“ errungen. So kamen die groß-koalitionären Verhand-1er im parlamentarischen Familienausschuß jetzt bei der Frage überein, an wen sich dieses Gesetz eigentlich richtet.

Mit dieser — auch von der österreichischen Bischofskonferenz nachdrücklich unterstützten -Kompromißformel sollte eigentlich klargestellt sein, daß eine Ausnahmeregelung des Strafrechtes, die sogenannte Fristenre-gelimg, nicht zum gesellschaftspolitischen Regelfall wird. Der gesetzliche Schutz für dcis ungeborene Kind ab der Empfängnis ist der Sinn des JWG. Und der Begriff „Leibesfrucht“ - mag er auch, wie Frauenstaatssekretärin Johanna Dohnal klagt, „furchtbar häßlich und anachronistisch“ klingen - steht dafür. Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, in dem man diesen Kompromiß-Begriff gefunden hat, läßt keine willkürliche Bestimmung jenes Zeitpimktes zu, ab dem ein Kind ein Kind sein soll.

Zur Erinnerung: Ein Entwvirf der Regierung Sinowatz-Steger für ein neues Jugendwohlfahrtsgesetz sah den Schutz ungeborenen Lebens überhaupt nicht vor. Auf diesem Hintergrund feierte Marilies Flemming die folgende großkoalitionäre JWG-Vorlage mit der verwaschenen Zielbestimmung, „werdende Mütter und werdende Kinder“ zu schützen, als großen Fortschritt. Wie die FURCHE nachwies, hätte dieser Begriff eine Verschlechterung gegenüber dem seit 1954 geltenden Jugendwohlfahrtsgesetz bedeutet, das die „Sicherung der körperlichen Entwicklung des Kindes von der Empfängnis an“ postuliert.

Die ständige Mahnung der FURCHE zu Begriffsklarheit -vor allem auf dem Hintergrund der Herausforderung des Gesetzgebers durch künstliche Befruchtung und Retortenkinder - war also kein bloßes Spiel mit Worten.

Das wird jedem spätestens beim jetzigen Frohlocken Johanna Dohnais über jene Zusatzbestimmung im JWG klar, wonach die Fristenregelung von der Schutzbestimmung für die „Leibesfrucht“ unberührt bleibt. Daß Dohnal darin eine Verankerung der Legalisierung der Abtreibung auch im Jugendwohlfahrtsgesetz sieht, ist eine Verwechslung von zwei Paar Schuhen.

Wenn sich der Gesetzgeber jetzt gegen etwaige Versuche absichern will, die Fristenregelung mit dem JWG aus den Angeln zu heben, bedeutet das noch lange nicht eine Verankerung strafrechtlicher Bestimmungen im JWG. Menschliches Leben - von der Empfängnis an - bedarf des gesetzlichen Schutzes.

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