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Willy Lorenz gestorben

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Am 8. Dezember 1945, also vor exakt 50 Jahren, schrieb der gerade 31 Jahre alt gewordene Willy Lorenz seinen ersten Artikel in der soeben gegründeten furche. Es war die Nummer 2 von Friedrich Funders jüngstem Kind, und Lorenz' Beitrag galt seiner größten Liebe: Böhmen. „Rainer Maria Büke und Böhmen ”, so der Titel des Artikels, versuchte am böhmischen Wesen Rilkes dessen Neigungen und Abneigungen zu erhellen. „Böhmisch (ist) sein Abscheu gegen das alte Österreich..., böhmisch ist wieder seine geheime und starke Liebe zu eben diesem Österreich, die sich erst zeigt und die er spürt, als dieses Österreich nicht mehr besteht.”

Ich selbst habe den späteren Chefredakteur der Furche - er leitete die Zeitung als Geschäftsführer des Herold-Verlages in einer schwierigen Zeit (von 1954 bis 1975) - im Zusammenhang mit Recherchen für ein CSSR-Dossier im Frühjahr 1987 kennengelernt. Damals, zwei Jahre vor der Wende, durfte sein Name als Informant nicht genannt werden, es hätte dem unermüdlichen Helfer der unterdrückten katholischen Kirche in der damaligen CSSR wohl sehr geschadet. Denn Lorenz, der von 1976 bis 1985 Leiter der Presse- und Kulturabteilung der österreichischen Botschaft in Prag war, hatte viele enge Kontakte zu unterdrückten Katholiken gepflegt und diesen auf vielfältige Weise geholfen. Hubert I^ehner, damals Generaldirektor des Oberösterreichischen Landesverlags, war auf den meist wöchentlichen Reisen Lorenz' Prag-Wien-Prag oft dessen Chauffeur und konnte aus der Nähe erleben, was Lorenz von den Tschechen hoch angerechnet wird.

Nach der Wende bedankte sich der neue Prager Erzbi-schof Miloslav Vlk in einem sehr persönlich gehaltenen Schreiben bei Lorenz für dessen Hilfe: „Wir möchten jene nicht vergessen, die uns geholfen haben, als wir nur auf die Gnade Gottes und die Hilfe jener Menschen angewiesen waren, die uns die Gnade Gottes sandte.”

Als ich im September 1993 ein Interview mit dem neuen tschechischen Botschafter in Wien, Pavel Jajtner, führte, galten seine ersten Gedanken Willy Lorenz. Böhmen wird den am 21. November Verstorbenen nicht vergessen. Wir von der furche aber auch nicht.

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