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Zukunftsweg von Gruber zu Alois Mock

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Der Herr Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten, Herr Dr. Karl Gruber, ist amtsmüde geworden. Er wird demnächst aus seinem Amt scheiden." So begann der Leitartikel Friedrich Funders in der FuRCHE vom 14. November 1953, die schon am 12. im Verkauf war. Am 13. war der Rücktritt perfekt.

Die Erinnerung an jene Tage drängt sich heut© auf, da Karl Grubers 85. Geburtstag gefeiert wurde: mit profunder und profuser Rhetorik. Und mit Recht. Denn Karl Gruber, 1945 Befreier Innsbrucks vor dem Eintreffen der US-Truppen, erster Landeshauptmann Tirols, erster Außenminister Nachkriegsösterreichs, war einer der Gründungsväter der Zweiten Republik.

Er wurde 1953 gestürzt, weil Bundeskanzler Raab im „Westler" Gruber ein Hindernis für den Staatsvertrag sah und Leopold Figl, der Grubers Nachfolger wurde, dafür entschädigen wollte, daß er, Raab, ihn aus dem Amt verdrängt hatte. In seinen Memoiren hatte Gruber Parteifreund Figl als bisweilen naiv gegenüber kommunistischer Täuschung geschildert.

Das war ungerecht gegenüber Figl. Aber Funder war ungerecht gegenüber Gruber, als er meinte, er „hätte ein wirklicher Staatsmann werden können". Er war es schon 1953 und er ist es geblieben.

Sein Pariser Abkommen mit de Gasperi 1947 legte den Grundstein für die Sonderautonomie Südtirols und „hätte ein Modellfall für Europa werden können" (Erhard Busek). Sein „Gefühl für kalkulierbares Risiko" (Silvius Magnago) reduzierte Neutralität (die er erstmals 1948 im Nationalrat anschnitt!) auf eine völkerrechtliche Größe, aus der andere sie zum ideologischen Popanz aufbliesen.

Vor allem aber hatte Gruber Mut zum Neuen, zum Aufbruch in Zukunft. Österreich erhielt den Staatsvertrag und blieb fest im demokratischen Kulturkreis des Westens verankert. Das ist ein Vermächtnis des Europa-Politikers Gruber, dessen Erbe heute Alois Mock in festen Händen hält: In kalkulierter Risikobereitschaft den Weg zu gehen, der sinnvoll, zeitgemäß und patriotisch richtig ist.

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