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Die Eidgenossen wählen

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Alle vier Jahre, am letzten Oktobersonntag, wählen die Schweizer den Nationalrat, die „Volkskammer“, die zusammen mit dem Ständerat, der Abordnung der Kantone, die schweizerische Bundesversammlung bildet. Vor ein paar Jahre wurde die Zahl der Nationalräte auf 200 fixiert,

während Jene der Standesherren — jeder Kanton oder „Stand“ entsendet zwei, jeder Halbkanton einen Abgeordneten in die kleine Kammer :— seit jeher unverändert 44 beträgt. Gleichzeitig mit den Nationalräten wählen einige Kantone auch ihre Ständeräte.

Das „Mirage“-Parlament tritt ab

Das letzte Parlament hat im Volksmund den Zunamen „Mirage-Parlament“ erhalten, weil seine bedeutendste Tat die Bereinigung der Mirage-Affäre und in ihrem Gefolge die „kleine Parlaments- und Verwaltungsreform“ ist, die noch kurz vor Legislaturschluß zu einem guten Ende gebracht worden ist, während die ebenfalls eingeleitete Regierungsreform noch einiger Bewährung bedarf. Daneben ist ein zweiter Schwerpunkt der abgeschlossenen 37. Legislaturperiode des eidgenössischen Parlaments festzuhalten: die sogenannte Konjunkturdämpfung, das heißt der Versuch, die inflatori-schen Auswüchse der Hochkonjunktur durch Staatseingriffe in den Arbeitsmarkt sowie in den Kapital-und Baumarkt zu dämpfen. Uber den Erfolg dieser Maßnahmen streiten sich Wissenschaftler und Politiker. Eine unvoreingenommene Beurteilung wird aber zweifelsohne zur Feststellung gelangen, daß diese Politik zu keinem vollen Erfolg, wohl aber zu Teilerfolgen geführt hat: die galoppierende Teuerung ist leicht abgeschwächt worden, der Baumarkt

und die Landpreise haben- sich beruhigt, die Ertragsbilanz hat sich verbessert. Das alles wurde allerdings mit einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums erkauft. Und hier setzt nun die Kritik und die Wahlwerbung der an der Regierungsverantwortung nicht beteilig-

ten Parteien — teilweise sekundiert von den Sozialdemokraten — ein.

Schwerpunkte des Wahlkampfes

Gewollt oder ungewollt sind alle Bundesratsparteien — jene Parteien, die Mitglieder des Bundesrates, also der Regierung, stellen — durch die Propaganda des von der Migros finanzierten Landesringes der „Unabhängigen“ in eine Linie gerückt worden. Der Landesring stand gegen die Konjunkturdämpfung in vorderster Front und wirft den Regierungsparteien außer einer verfehlten Konjunkturpolitik auch ein völliges Versagen bei der Meisterimg der Infrastrukturaufgaben vor. Nach ihm haben die Behörden so ziemlich alles falsch gemacht.

Mit dieser Propaganda fand der Landesring in letzter Zeit vor allem bei kantonalen Wahlen reichlichen Anklang bei jenen Schichten, die infolge der wirtschaftlichen Umwälzungen aus ihrer dörflichen und sonstigen Gemeinschaften herausgerissen worden waren und nun die „neue Mittelklasse“ in den städtischen und halbstädtischen Agglomerationen bilden, welche auf den Migros-Slogan vom „Schöner leben“ ansprechen. Ein angenehmeres und persönlich erfüll-teres Leben ist für sie ein Ideal, das an die Stelle der hergebrachten politischen Ideologien tritt. Sie haben in einer Reihe kantonaler Wahlen im letzten Frühling der Migros-Partei zu fast sensationell anmutenden Erfolgen verholfen.

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