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Die Furche: Herr Rechtsanwalt Docke, in Ihrer letzten Aussendung zum Fall Murat Kurnaz meinten Sie, es komme Bewegung in die Sache - woher nehmen Sie diese Hoffnung?

Bernhard Docke: Bewegung kommt im politischen Raum in die Sache: Letzten Monat veröffentlichte die New York Times einen ausführlichen Artikel über die Kurnaz-Odyssee. Die Regierung wird darin scharf kritisiert, dass sie Herrn Kurnaz ohne jeden Beweis und entgegen eigenen Erkenntnissen mehr als drei Jahre in Guantánamo gefangen hält. Verbunden wurde dieser Text mit einem Leitartikel, Guantánamo zu schließen. Das hat die politische Diskussion in den usa um die Sinnhaftigkeit und Zukunft von Guantánamo schon sehr befördert.

Die Furche: Mittlerweile befürworten ja auch einige Senatoren und die Ex-Präsidenten Carter und Clinton die Schließung des Lagers.

Docke: Erstmals ist Guantánamo ein politisch kontrovers diskutiertes Thema in den usa; bislang ist Guantánamo im Konsens seit dem 11. September 2001 ja auch von den Demokraten mitgetragen worden, und alles was George W. Bush in diese Richtung unternommen hat, galt als sakrosankt - diese Zeiten sind jetzt vorbei.

Die Furche: Und Murat Kurnaz ist ja ein gutes Beispiel, um die Dummheit dieses Lagers zu zeigen.

Docke: Sicher, es ist ja auch kein Zufall, dass die größten und bedeutendsten us-Tageszeitungen den Einzelfall Murat Kurnaz bringen. An seinem Beispiel kann man die unfaire und skandalöse Behandlung der Gefangenen beispielhaft darstellen.

Die Furche: In der Zwischenzeit hat Murat Kurnaz das Aufenthaltsrecht in Deutschland verloren - ist das in Bremen ein Thema?

Docke: Nein, es gibt keine öffentliche Diskussion und die Sache ist auch im parlamentarischen Raum noch nicht diskutiert worden. Das wird alles im Konsens der Großen Koalition in Bremen ausgeschwiegen. Das ist sehr bedauerlich und wird auch von vielen Sozialdemokraten außerhalb Bremens in keinster Weise verstanden.

Die Furche: Wie geht die Familie mit dieser langen Zeit des Wartens, des Hoffens und der Enttäuschungen um?

Docke: Es ist eine quälend lange Unsicherheit für die Familie. Eine große Katastrophe war die Falschmeldung im März, Murat sei in die Türkei überstellt. Die Familie ist daraufhin hingereist in der frohen Erwartung, Murat in die Arme schließen zu können. Das war eine furchtbare Enttäuschung, als der Sohn und Bruder doch nicht dort war.

Die Furche: Wie intensiv sind Sie derzeit mit dem Fall beschäftigt?

Docke: Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht mit Murat Kurnaz befasst bin. Dieses Unrecht ist mir allzeit präsent.

Das Gespräch führte Wolfgang Machreich.

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