Späte Anerkennung für mutige Reformen

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Die Wahlen zum EU-Parlament fallen diesmal mitten in eine globale Krise. Bekanntlich sind Europa-Wahlen immer noch eher eine innenpolitische Kraftprobe zwischen Koalition und Opposition als eine ganz neue Art von Wahlen - für Europa, für die EU. Auch Polen ist hier keine Ausnahme. Die größten politischen Parteien verstehen die innenpolitischen Folgen der Ergebnisse gut.

Unter allen Kandidaten liegt laut Umfragen der polnische Exministerpräsident Jerzy Buzek in puncto Popularität weit voran. Selbstverständlich könnte man sagen, dass er durch seine ständige Präsenz und sein großes Engagement im EU-Parlament zu Recht bekannt geworden ist. Aber das wäre zu wenig, um auf 57 Prozent in den Umfragen zu kommen. Ich glaube vielmehr, dass man seinen damaligen Mut zu schwierigen und unpopulären Reformen würdigen möchte. In nur vier Jahren Gesundheitswesen, Verwaltung, Rentensystem und Bildungswesen zu reformieren, war nicht nur kühn, sondern auch ein Himmelfahrtskommando der Politik.

Die Experten des politischen Marketings warnten seinerzeit zu Recht, dass man sich damit nur Feinde machen könne. Entsprechend allen Erwartungen hat die Regierung von Buzek denn auch die darauf folgenden Wahlen haushoch verloren - sie war sehr unbeliebt, und Buzeks Partei (AWS) ist verschwunden. Jetzt, Jahre danach, mitten in der Krise, sieht man, wie notwendig und mutig diese Schritte damals waren. Heute profitiert Polen davon. Und Buzek? Ohne zu jammern begann er damals eine neue Arbeit im EU-Parlament. Heute ist er einer der Hauptkandidaten für den Vorsitzenden dieses Gremiums. Ich würde mir sehr seinen Mut und seine Konsequenz für unser Europa von morgen wünschen. Gute Wahlen im Juni!

* Die Autorin war von 2000 bis 2004 polnische Botschafterin in Österreich

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