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Ihr letzter Anruf in der Furche-Redaktion fand erst vor kurzem statt. Sie erkundigte sich über den Stand eines Artikels, der demnächst erscheinen soll. Wie es ihr gehe? Die Krankheit - Knochenkrebs - mache ihr schon zu schaffen, aber sie wisse sich in guten medizinischen Händen und sei frohgemut, die Unbill zu überstehen. Kaum ein paar Wochen später hat die so Tatendurstige den irdischen Kampf gegen die Krankheit verloren: Am vergangenen Montag ist Eva Petrik 75-jährig in Wien verstorben.

Auf keine Persönlichkeit des österreichischen Katholizismus der letzten 50 Jahre ist die ehrenvoll gemeinte Bezeichnung "Laiin" so gemünzt wie auf Eva Petrik, die in den dornigen 90er Jahren ein seltenes öffentliches Gesicht positiver Katholizität darstellte. Als sie 1991 das Präsidentinnenamt der Katholischen Aktion Österreichs KAÖ übernahm, war Kurt Krenn gerade Bischof von St. Pölten geworden. Ihre Amtszeit bis 1997 war daher vom katholischen Widerstand gegen Restauration und Bunkerbau in der Kirche geprägt, die Affäre Groër machte nach 1995 eine Stimme wie die ihre, die den katholischen Aufbruch nach dem Konzil auch ins neue Jahrtausend weitertragen wollte, noch wichtiger. In Petriks KAÖ-Präsidentschaft fiel auch die erste große Auseinandersetzung um die Ausländerpolitik, das "Lichtermeer" 1993 gegen Jörg Haiders Ausländervolksbegehren - bis heute die größte politische Demonstration der Zweiten Republik - war wesentlich von ihr mitinitiiert.

Eva Petriks Engagement begann nach dem Krieg mit dem Aufbau der Katholischen Jungschar in der Wiener Pfarre Krim, in den 50er Jahren war sie auch Zentralführerin der Mädchenjungschar. Ab 1958 unterrichtete sie als Chemieprofessorin an der Neulandschule in Wien 19. 1974 und 1983 fungierte sie als Vizepräsidentin des Österreichischen Katholikentags, der zweite davon war die letzte große Manifestation der katholischen Kirche Österreichs in ihrer ganzen Breite. Nicht nur in den letzten Jahren engagierte sich Eva Petrik auch an vorderer Stelle für den christlich-jüdischen Dialog.

1983 holte sie Erhard Busek in die Wiener Landespolitik: Bis 1991 war sie ÖVP-Mandatarin im Wiener Landtag. Petriks Partei-Engagement blieb aber ein biografisches "Intermezzo", 2000 trat sie wegen der Koalition der Bundes-ÖVP mit der FPÖ aus ihrer Partei aus.

Kritisch loyal zur Kirche, aber mit dem durchs II. Vatikanum gestärkten Selbstbewusstsein der Laien - so haben sie längst nicht nur ihre Freunde und Weggenossen erlebt. "Ich erhoffe von meiner Kirche, dass sie sich wieder mehr nach dem Bild des Zweiten Vatikanums besinnt: dem des, wandernden Gottesvolkes'". Solchen Schlüsselsatz hat Petrik 1995 in der Furche geschrieben. Drei Jahre zuvor hat sie - angesichts von Kurt Krenn & Co - in einem Interview in dieser Zeitung bemerkt: "Ich tue mich manchmal … einigen Repräsentanten der Kirche gegenüber schwer und frage mich: Verlangen sie Gehorsam für Gott oder für sich selbst? Es würde uns allen gut tun, diese Unterscheidung sehr genau zu treffen."

Vor fast sechs Jahren, bei der Feier des 70. Geburtstages der vielfachen Großmutter meinte der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl gar, Eva Petrik sei nur zu früh geboren, um Bischöfin geworden zu sein … ofri

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