"Und gleich ein Paukenschlag!"

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Unbequem für die kirchliche Hierarchie, kompromisslos in Grundsatzfragen - und durch und durch politisch: Eva Petrik hat die katholische Laienbewegung Österreichs wesentlich mitgeprägt.

Eva Petrik * 1931

Laiin

Alle Wege führen nach Rom - aber nur ein steiler Treppenpfad zu Eva Petrik. Endlose Stufenkaskaden sind zu überwinden, bevor man hechelnd vor ihrer Haustür steht. Hier, am oberen Ende einer Wohnsiedlung in Wien-Währing, ist sie also daheim: jene Frau, die manchen Bischof mit ihrer freundlichen Beharrlichkeit das Fürchten lehrte.

Untertänig oder aufmüpfig?

Zumindest Kurt Krenn soll sie als "leibhaftigen Gottseibeiuns" empfunden haben. Für Verwunderung hat sie freilich damals, 1992, als frisch gebackene Präsidentin der Katholischen Aktion Österreichs im gesamten Episkopat gesorgt. Erst im Herbst 1991 war die Chemie-Lehrerin und vormalige Wiener vp-Gemeinderätin zur Vorsitzenden der größten österreichischen Laienorganisation gekürt worden. "Und dann gleich zu Beginn ein Paukenschlag", erinnert sich Petrik bei einem Kaffee im Wohnzimmer. "Völlig ungeplant" hatte sich in der ka-Frühjahrskonferenz 1992 der Frust über die Vorgänge in St. Pölten entladen - und war in die "Neuwaldegger Erklärung" gemündet. "Wir wehren uns gegen das Zurückdrängen bewährter Formen der Mitbestimmung in der Katholischen Kirche", hieß es darin. "Wir wünschen uns eine Kirche, in der nicht nur von Wahrheit geredet, sondern mit ihr auch wahrhaftig umgegangen wird."

Bis lange nach Mitternacht hatte das Redaktionsteam mit Eva Petrik an der Erklärung gefeilt. Am nächsten Tag wurde sie nach ausführlicher Debatte von den ka-Vertreterinnen und -Vertretern aller Diözesen - bei einer Stimmenthaltung - beschlossen.

Dass sich die Herde öffentlich gegen einen ihrer Hirten wendet, war ein Novum - und nach Meinung mancher Kommentatoren (vor allem des Chefredakteurs der Wiener Kirchenzeitung, Josef Bauer) ein Wortbruch. Schließlich hätte es 1985 im Protokoll eines Treffens der Katholischen Aktion mit den Bischöfen in Subiaco geheißen: "Es wird festgestellt, dass auftretende Konflikte möglichst im inneren Raum, nicht über die Medien ausgetragen werden sollen". Eva Petrik kann bis heute keine Übertretung dieser Übereinkunft erkennen: "Es ging ja nicht darum, Interna nach außen zu tragen, sondern um eine Stellungnahme aus Sorge über die Lage der Kirche." Außerdem seien die Reaktionen überwiegend positiv gewesen, erzählt die vielfache Großmutter. "Jemand hat damals gesagt: Endlich ist das Schweigen der Lämmer gebrochen."

Mut und leidenschaftliches Engagement für eine "weltoffene und geschwisterliche Kirche" im Sinn des Zweiten Vatikanums hat Petrik schon vor 1992 bewiesen. Neben Eduard Ploier organisierte sie etwa den Katholikentag 1983 - bis heute für viele der letzte Höhepunkt der österreichischen "Volkskirche". "Ich will aber gar nicht zurück zur Volkskirche - wenn es sie damals überhaupt noch gab", relativiert Petrik. "Ich will aber auch nicht in einer Kirche leben, wo immer davon geredet wird, dass sie sich gesund schrumpfen muss. Das ist die Aussage eines Fuchses, dem die Trauben zu sauer sind."

Statt Askese von dieser Welt zu betreiben, geht Eva Petrik lieber in die Offensive: Heute wie in ihrem Furche-Text vor zehn Jahren träumt sie von einer kollegialen Kirche - wenngleich ihre Erwartungen nach der jüngsten Papstwahl gesunken sind: "Weniger die gewählte Person als die Geschwindigkeit der Wahl hat mich enttäuscht. Das war so blitzartig, dass man sich denken musste: Da wird nur auf die Sicherheit gesetzt, dass alles so weitergeht wie bisher."

Die ka hingegen hat unter Petriks Leitung einiges gewagt. Etwa 1993, als Jörg Haiders fpö ihr Anti-Ausländer-Volksbegehren plante. "An den zwei Sonntagen davor haben wir in allen Pfarren Flugzettel verteilt." 750.000 Folder mit "Zehn Gegen-Sätzen für Menschenfreunde" wurden so unters Volk gebracht - und halfen mit, die Unterschriften-Zahl zu minimieren. "Mir hat später ein Politiker gesagt: Was Ihr da als ka zustande gebracht habt, das hätte keine Partei erreicht", erinnert sich Petrik - die im Jahr 2000 der övp nach der Koalition mit den Freiheitlichen den Rücken kehrte.

Fromm und politisch!

"Sie ist eben eine Politikerin durch und durch", meint Ruth Steiner, langjährige ka-Generalsekretärin und ehemalige Schülerin Petriks am Wiener Neuland-Gymnasium. "Und sie hat sich auch nie durch Schönfärberei einlullen lassen." Auch Luitgart Derschmidt, derzeit ka-Präsidentin und gleichfalls Petrik-Schülerin ("das ist Zufall") kennt ihre Lehrerin als "durch und durch politischen Menschen".

Warum Kurt Krenn die quirlige Währingerin aber gleich als leibhaftigen Gottseibeiuns empfand? "Sie hat mit ihrer Klugheit und Beharrlichkeit eben viele seiner Untergriffe pariert", lächelt Derschmidt. "Und dass die ka nicht fromm genug ist, das hat man uns schon immer vorgeworfen."

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