Sonja Ottenbacher, als Bürgermeisterin (ÖVP) von Stuhlfelden (Sbg.) eine Ausnahme in dieser Männerdomäne, zu Berufsstress und-freuden.
Die Furche: Frau Bürgermeisterin, mehr als die Hälfte der Bürgermeister fühlt sich von ihrem Amt stark bis sehr stark belastet - woran liegt das?
Sonja Ottenbacher: Nach meiner Erfahrung, und da bestätigen mich viele Kollegen, liegen diese Belastungen vor allem im psychischen und emotionalen Bereich. Man lebt als Bürgermeisterin schon in einer ständigen Unsicherheit, weil man sich bei unzähligen Entscheidungen fragen muss: Welches Risiko gehe ich ein? Die Gesetzeslage ist vom Baubereich angefangen bis zur Schwimmbäderverordnung sehr kompliziert, und man hat als Bürgermeisterin ja keine spezielle Ausbildung. Das Amt kommt von heute auf morgen - und mit einem Mal übernimmt man die volle Haftung.
Die Furche: Sie sind seit gut zwei Jahren im Amt - was hat Sie in Ihrer Funktion besonders überrascht?
Ottenbacher: Es gibt nichts, was es nicht gibt: Die Leute kommen wirklich mit allen Belangen, mit Missmut, mit Freuden, mit Sorgen und Kummer. In meiner Gemeinde hat es in den letzten Jahren mehrere tragische Todesfälle von Jugendlichen gegeben - das reißt eine ganze Gemeinde hinein, und da ist man als Bürgermeisterin schon stark gefordert, wobei mir persönlich bei diesen Themen meine Erfahrungen als Psychotherapeutin sehr helfen.
Die Furche: Wie lässt sich Ihr Beruf mit dem Amt vereinbaren?
Ottenbacher: Ich habe meine Praxis fast auf Null reduziert - für mich ist es anders nicht möglich, denn wenn man das Amt ernst nimmt, ist es sehr zeitaufwendig.
Die Furche: Gehen Sie da kein großes Berufsrisiko ein - was wenn es nach der nächsten Wahl keine Bürgermeisterin Ottenbacher mehr gibt?
Ottenbacher: Deswegen möchte ich nie ausschließlich vom Amt abhängig sein, sondern ich schaue schon, dass ich mir andere Standbeine erhalte.
Die Furche: Viele Ihrer Kollegen finden das Bürgermeistergehalt nicht angemessen - sind Sie unterbezahlt?
Ottenbacher: Das Bürgermeistergehalt berechnet sich nach der Gemeindegröße - das ist sicher nicht ganz gerecht, weil viele Pflichten ja unabhängig von der Einwohnerzahl überall gleich sind. Und wenn man die Dienstzeit - inklusive Abend-und Feiertagsstunden - hernimmt, ist das Einkommen sicher zu niedrig. Aber das habe ich ja vorher gewusst, und es war meine freie Entscheidung. Natürlich beflügelt einen dabei der Vertrauensbeweis aus der Bevölkerung - und ich meine, die Aufgabe liegt mir, und ich mach\0x2019s halt wirklich gerne.
Das Gespräch führte Wolfgang Machreich.