Vor kurzem ist Orson Welles, wohl der genialischeste Regisseur in der Geschichte des Films, schon zu Lebzeiten unsterblich, 60 Jahre alt geworden. In der ganzen Welt des Films wurde er gefeiert wie kaum ein zweiter; Welles braucht keine Reklame, keine Würdigung — er ist bereits ein Begriff. Mit den nachfolgenden Ausführungen sei ihm kleine Huldigung und Gratulation dargebracht____
Die mit dem Einsatz besserer Filmware durch die Verleiher sozusagen offiziell toterklärten sommerlichen „Hundstage“, nach merkwürdigen Erkenntnissen immer um Anfang August liegend, haben wir also hinter uns (obwohl niemand etwas davon merkte) — und im Kino beschert man uns wieder „Qualität“ oder zumindest das, was man sich in der Branche darunter vorstellt; Die Saison wird, dem Trend entsprechend, in diesem Jahr mit zwei Kriminalfilmen eröffnet, die immerhin auch deswegen interessant sind, weil sie eindeutig demonstrieren, „wes Geistes Kinder“ sie sind bzw. die Mentalität
Seit einigen Jahren und noch bis zum Vorjahr mußte man immer wieder betonen, daß die alljährlichen Internationalen Filmfestspiele in Berlin — durch geschicktes Taktieren linksradikaler Kreise in eine Krise gedrängt und dadurch erst langsam und mühsam sich einen neuen Weg erkämpfend — eine Notwendigkeit für die Inselstadt Berlin bedeuten, die man aus verschiedensten Gründen (nicht zuletzt auch politischer Natur) kenwsfaHs-aufgeben odeiv durch Hefe^TORfgneM.erjnü^et^ycr-
Der 1935 erschienene Roman Erich Kästners, bereits 1936 zum erstenmal in Schweden von Tancred Ibsen und hierauf 1955 von Kurt Hoffmann in Österreich abermals verfilmt, „Drei Männer im Schnee“, ist nunmehr in einer dritten (diesmal farbigen) Filmversion aus der Bundesrepublik Deutschland unter der Regie Alfred Vohrers erschienen. Wenn auch von Kästners kauzig-märchenhafter Geschichte eigentlich nur mehr das Handlungsskelett und einige wenige Dialogstellen (so die Schlußszene) übriggeblieben sind — was sicher nicht nur dessen Anhänger bedauern —, so sollte man dennoch nicht zu
In der venezianischen Zeitung „II Gazzettino“ ist jeden Tag eine Spalte dem Verfall von Venedig gewidmet und den heroischen Bemühungen, diese irreale Traumkulisse für die Zukunft gleich einem Museum (für Tourismus) zu retten'und zu konservieren; der Filmkunstschau am Lido geht es nicht anders — wobei höchstens das Echo auf alle Versuche, die Lebensdauer des sterbenden Patienten noch hinauszuzögern, immer leiser und schwächer wird... Immer weniger ausländische Journalisten bevölkern den Lido zur Mostra-Zeit, die ernsthaften beginnen unauffällig immer spärlicher zu werden: „Wo ist dertn heuer der Kollege Soundso?“ „Er ist nicht mehr nach Venedig gekommen, er hat Wichtigeres zu tun, sagt er.“ Und so können darin vor äijeift Frankreichs und Italiens heftige Linksjournalisten (sie nennen sich jung, sind es aber in den seltensten Fällen wirklich!) triumphierend den Sieg des'politischen venezianischen Filmfestivals in den nächsten fünf Jahren verkünden...
Anton Tschechows 1896 in Petersburg erstaufgeführte, dort ausgepfiffene und erst einige Jahre später von Stanislawski in Moskau zum Erfolg geführte „Komödie“ „Die Möwe“ ist vor allem ein Paradestück für Schauspieler — was auch der Grund gewesen sein mag, daß Sidney Lumet 1968 in England eine Filmversion herstellte, die nunmehr unter dem Originaltitel „The Sea Gull“ in der englischsprachigen Fassung hier zu sehen ist. Ein Film für Theaterbesucher: was man hier zu sehen bekommt, ist eine makellose Glanzaufführung einer internationalen Spitzentruppe, die Starnamen, wie
Nach dem gleichnamigen Volksstück von Martin Sperr „Jagdszenen aus Niederbayern“ (das sich seinerseits an ödön von Horvath anlehnt) schuf Peter Fleischmann (nach „Herbst der Gammler“) seinen zweiten Spielfilm, der gleich nach seiner Aufführung bei der „Viennale“ öffentlich zu sehen ist — und den niemand versäumen sollte. Er erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, Abraham, der aus der Stadt in sein Dorf zurückkehrt; obwohl er wegen seiner beruflichen Tüchtigkeit geschätzt wird, umgibt ihn bald das Gerücht, abartig veranlagt zu sein — und sein Abweichen von der Norm, seine Andersartigkeit kann von der geistig und seelisch stumpfen Dorfbevölkerung nicht toleriert werden. So nimmt die Jagd auf den Außenseiter ihren Lauf: sie beginnt mit Hänseleien, steigert sich zu feindseliger Abweisung und findet ihren Höhepunkt darin, daß der Verzweifelte zu einem Mord getrieben wird — und jetzt kann das Wild mit Recht zur Strecke gebracht werden... Ruhe und Ordnung sind damit im Dorf wiederhergestellt.
Nachdem Wiens Filmfestival „der Heiterkeit“, demonstriert durch zum Rathaus fahrende Straßenbahn-Sonderwagen mit den Festgästen, auch schon den Verantwortlichen etwas zu skurril-biedermeierlich geworden war und nicht zu übersehende „Zeichen der Zeit“ ihre drohenden Schatten über Wiens Kultur(amt) warfen, wurde die „Viennale“ in diesem Jahr „zeit-, gesellschafts- und sozialkritisch“ ausgerichtet. Auch das Vorführen von „Filmen, die uns nicht erreichten“, bot nicht Motto genug mehr, man mußte fortschrittlich denken (soweit sich dies bei uns vertreten läßt) und präsentierte daher unter dem Thema „Leben in dieser Zeit“ 16 Lang- und 13 Kurz- und Dokumentarfilme, deren örtliche Begrenzung vom sechsten westlichen bis zum dreiundzwanzigsten östlichen Meridian und südlich bis zum 38. Grad nördlicher Breite reichte...
uber Krisen, Probleme und Grenzen der FilmkritikVor einigen Monaten wurde an dieser Stelle — und zum erstenmal in der österreichischen Öffentlichkeit — darauf hingewiesen, daß sich die Kinematographie der Gegenwart nicht bloß allein in einer Film- und Festivalkrise befinde, sondern daß man mit derselben Berechtigung auch von einer „Krise der Kritik“ sprechen könne, zumindest was die deutschsprachigen Länder betrifft, wovon Westdeutschland immerhin nach alter Gewohnheit das fehlende Fachwissen durch intellektuelle Schaumschlägerei zu übertünchen versteht. Die Samstag- und
ährend die österreichische Kinokrise einem Höhepunkt W zustrebt, wachsen die offiziellen und mehr oder weniger auf Privatinitiative zurückgehenden Filmveranstaltungen wie Pilze aus dem Boden: anstatt sinnvoll koordiniert und geplant zu werden, überschneiden sich die nichtgewerb-liohen Filmkunstvorführungen schon in einem Maß, der zu ernster Sorge berechtigt und die Frage aufwirft, ob damit dem Film Gutes geschieht. Der entsprechend schwache Besuch der zahlreichen Sonderveranstaltungen im Monat Mai und Juni — darunter die VI. Internationalen Filmwissenschaftliche Woche in Wien, die