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Buhne im Kino

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Anton Tschechows 1896 in Petersburg erstaufgeführte, dort ausgepfiffene und erst einige Jahre später von Stanislawski in Moskau zum Erfolg geführte „Komödie“ „Die Möwe“ ist vor allem ein Paradestück für Schauspieler — was auch der Grund gewesen sein mag, daß Sidney Lumet 1968 in England eine Filmversion herstellte, die nunmehr unter dem Originaltitel „The Sea Gull“ in der englischsprachigen Fassung hier zu sehen ist. Ein Film für Theaterbesucher: was man hier zu sehen bekommt, ist eine makellose Glanzaufführung einer internationalen Spitzentruppe, die Starnamen, wie Vanessa Redgrave, Simone Signoret, James Mason, David Warner usw., vereint, die musterhaftes Theater vorexerziert (daß es trotzdem weniger an Tschechow als an Shakespeare erinnert, trotz der schwedischen Exterieurs, liegt an der Nationalität der Mitwirkenden). Sidney Lumet, ein echter Filmschöpfer, von den „Zwölf Geschworenen“, „Der Mann in der Schlangenhaut“, „Angriffsziel Moskau“ und „Der Hügel der verlorenen Männer“ in bester Erinnerung, bewahrte jedoch zuviel Respekt sowohl vor der Vorlage als auch vor deren Interpreten: so entstand kein Film — aber auch kein Theaterstück, sondern eine faszinierende „Bühnenkonserve“, ein Monument für die Nachwelt, erhaben und groß, aber kalt und unpersönlich.

Eine große Enttäuschung ist Elia Kazans nach „Amerika, Amerika“ zweites autobiographisches Filmopus „Das Arrangement“, in dem der einstige Rebell sich anscheinend selbst bestens mit dem Filmkommerz zu arrangieren verstand. Die endlose Geschichte vom Ausbruch eines Managers aus Ehr und Gesellschaft wirkt so geglättet und perfektioniert, daß von Kazans Meisterhand nur in wenigen Augenblicken mehr etwas zu spüren ist, am ehesten dann, wenn Erinnerungen an seine Herkunft aufblitzen. Alles andere ist saubere Routinearbeit bester Hollywood-Tradition und -Konfektion, trotz des interessanten Kirk Douglas und der ungemein glaubhaften Deborah Kerr. Keineswegs aus künstlerischen Gründen sei auf einen Film in dieser Woche hingewiesen, der so richtig die üblen kommerziellen Machenschaften der Branche entlarvt, nämlich auf den von Roger Corman 1963 inszenierten Horrorfilm „The Haunted Palace“, aus einer Geschichte von Edgar Allan Poe und einer anderen von H. P. Lovecraft geschickt zusammengemischt und von Debra Paget, Lon Chaney jr. und vor allem Vincent Price akzeptabel interpretiert. Letzterer hatte vor zwei Jahren einen großen Publikumserfolg in dem Spektakel „Der Hexenjäger“ — und darauf basierend, bringt der Verleih nunmehr diesen schon sieben Jahre alten Film als „neu“ und fast wie eine Fortsetzung unter dem Titel „Die Folterkammer des Hexenjägers“ heraus, womit der nicht ungeschickt gemachte Streifen aber nicht die geringste thematische oder sonstige Ähnlichkeit hat. In anderen Industriezweigen würde man eine derartige Machination vermutlich als „betrügerisch“ bezeichnen ...

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