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Zwei Kriminalfalle

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Die mit dem Einsatz besserer Filmware durch die Verleiher sozusagen offiziell toterklärten sommerlichen „Hundstage“, nach merkwürdigen Erkenntnissen immer um Anfang August liegend, haben wir also hinter uns (obwohl niemand etwas davon merkte) — und im Kino beschert man uns wieder „Qualität“ oder zumindest das, was man sich in der Branche darunter vorstellt; Die Saison wird, dem Trend entsprechend, in diesem Jahr mit zwei Kriminalfilmen eröffnet, die immerhin auch deswegen interessant sind, weil sie eindeutig demonstrieren, „wes Geistes Kinder“ sie sind bzw. die Mentalität ihrer Hersteller demaskieren. Eine aufregende Vergleichsmöglichkeit über Land und Leute...

Aus Amerika kommt in der Welle der „Cop movies“, der Polizisten-filme, „Massenmord in San Franziska“ zu uns, ein Kriminalfilm, den der Regisseur Stuart Rosenberg als „Samstagabend-Film, als reine Unterhaltung“ verstanden wissen will; merkwürdige Unterhaltung, fürwahr: Ein vermutlicher Irrer bringt in einem nächtlichen Autobus acht Leute um — wahrscheinlich lauter minderwertiges Volk, denn erst als unter den Leichen auch die eines Polizisten identifiziert wird, beginnen die Kumpel, die für Gesetz und Ordnung sorgen, Zähren fließen zu lassen und blutige Rache zu schwören. Doch sie kommen ebensowenig wie der Drehbuchautor zu einer logischen Lösung — und so wird nach eineinhalb Stunden als überraschende Schlußwendung immerhin ein Homosexueller als Täter aufgeboten, denn in den modernen amerikani sehen Polizistenfilmen sind diese sowie Farbige, Zuhälter, Strichjungen Perverse usw., von der „gesunden Volksmeinung“ ohnedies schon mit Mißtrauen beobachtet, ' die besten Ablenkungsmanöver, um an ihnen die Illegalität gesetzlich geschützter Brutalität und Gewalt ohne Reaktionsbefürchtungen, sogar mit Zu Stimmung zu demonstrieren .. Und wer dann noch die echten Verhältnisse, so das Lokal „Ramrod“ z. B. kennt, kann nur über den Grad der hier demonstrierten beabsichtigten raktionären Volksverdummung den Kopf schütteln!

Der andere Kriminalfall kommt aus Frankreich und heißt ,,Die Lö win und ihr Jäger“, Regisseur ist Jean Chapot; und was für ein Unterschied zum amerikanischen Ge-genspieler: Nicht Massenmord und brutale Effekte sind das Thema, sondern eine psychologische Studie von feinster Nuancierung und vor nehmster Zurückhaltung, das Entscheidende sind nicht die Tat und die Entdeckung des Täters, sondern die Reaktion des Einbruches von außen in menschliche Leben. Und in diesem, von Simone Signoret selbst verständlich und von Alain Delon (als Untersuchungsrichter) erstaunlich überzeugend gestalteten Kam-mer-Kriminal-Spiel werden die Welten offenbar, die die neue von der alten unterscheidet...

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