In den letzten Jahren haben sich die IMF Luzern aus einer von prominenten Künstlern und „Standardwerken“ beherrschten Veranstaltungsreihe ohne besonderes Profil zu einem Festival mit durchdachtem Konzept entwickelt. So war es naheliegend, im 35. Jahr des Bestehens — das gleichzeitig das 30jährige Jubiläum des Schweizerischen Festspielorchesters brachte — den Schweizer Komponisten und Interpreten einen breiten Spielraum zu gewähren. Also wurden mehr als 30 Werke Schweizer Provenienz aufgeführt, von der konzertanten Oper und vom Oratorium bis zur avantgardistischen, elektronischen und zur Computermusik reichte das Spektrum.
Was beispielsweise auf dem Konzertsektor der Salzburger Festspiele bisher nicht verwirklicht werden konnte, das realisierte der künstlerische Direktor der Internationalen Musikfestwochen (IMF) Luzern heuer in überzeugender Weise: einen konsequenten Leitgedanken bei der Programmgestaltung. Rudolf Baumgartner, der auch Direktor des Konservatoriums Luzern und Leiter der von ihm gegründeten Festival Strings Lucerne ist, präsentierte in 25 Konzerten nicht weniger als 21 (!) Werke von Igor Strawinsky. Eigentlich waren die IMF 1972 als großangelegte Hommage zum 90. Geburtstag des Komponisten geplant worden. Da der Meister im Vorjahr starb, wurde daraus ein anschaulicher Gedenkzyklus, bei dem neben den bekanntesten Kompositionen auch seltener aufgeführte erklangen.
Im Vorjahr hatte es der . künstlerische Leiter der Internationalen Musikfestwochen Luzern leicht, ein Konzept für sein Festival vorzulegen. Das Beethoven-Jahr bot willkommenen Anlaß, die neun Symphonien des Meisters aufzuführen. Heuer hatte es Rudolf Baumgartner, der auch Direktor des Luzerner Konservatoriums und Dirigent der Festival Strings Lucerpe ist, viel schwerer. Er wählte als Motto „Weg von Mitteleuropa, weg von der deutschen Klassik und Romantik“. Doch muß man das ‘Programm der 25tägigen Veranstaltungsreihe schon recht genau unter die Lupe nehmen, um Ansätze zur Verwirklichung dieses Konzepts zu entdecken.
Ravenna ist weltberühmt durch seine einzigartigen Wandmosaiken, die in den äußerlich schmucklosen Backsteinbasiliken und Taufkapellen sowie im Mausoleum der Galla Placidia ihre stille Pracht entfalten. Darüber hinaus hat Ravenna Weltruf durch das Grabmal Theoderichs und als Zufluchtsort Dantes, dessen 700. Geburtstag heuer festlich begangen wird. Nur wenigen Freunden Italiens dürfte dagegen bekannt sein, daß in Ravenna seit vier Jahren jeden Sommer ein „Festival der Orgelmusik“ stattfindet. Schauplatz dieser Orgelfestwochen ist die Basilika San Vitale, die Hofkirche Amalasunthas, der
In der Tragödie „Klytämnestra“ wurden 600 Maulesel auf die Bühne gebracht. Wer's nicht glaubt, kann's nachlesen: bei Cicero („Ad familiäres“ VII/1, 2). In der Mailänder Scala wurde vor kurzem auch eine „Klytämnestra“ uraufgeführt. Mit Musik von Ildebrando Pizzetti. Und ohne Maulesel. Schade. Sie wären die einzige Überraschung an diesem Abend gewesen.Alles andere traf wie erwartet ein. Das Libretto stammt vom Komponisten. Geich drei antike Dramen mußten dazu herhalten: die „Elektra“ des Sophokles und zwei Drittel der „Orestie“ des Aischylos, „Agamemnon“ und
1948 wurde in Amsterdam und Scheveningen das Holland-Festival gegründet. Scheveningen war einmal ein unbedeutendes Fischerdorf; heute gehört es zu den beliebtesten Bade- und Kurorten Europas. In seinem palmengeschmückten Kursaal gastieren seit einigen Jahren die besten Solistėm l Dirigenten, Kammermusik- eiAemwÖV; Chöre und Orchester der Welt.Zwei Dutzend Städte beteiligten sich heuer mit insgesamt 109 Aufführungen am 16. H o 11 a n d - F e s t i v a 1, das einen Monat lang gefeiert wurde. Da sind die großen Städte und Kunstzentren Amsterdam, Amheim, Delft, Den Haag, Haarlem,
Ein wahrhaft faszinierender und doppelbödiger Rahmen für klassische Tragödien: das bald zweieinhalb Jahrtausende alte Theater von Syrakus. Unmittelbar neben den ausgewaschenen Kalksteinstufen der Hofbühne Hierons I. jene berüchtigten Steinbrüche, heute paradiesische Gartenanlagen (hundert Lire pro Person I), einst jedoch Endstation der mißglückten Straf-exp'editkto Athens gegen Sizilien. Im Hta-tefgftfrri :'-*fit-'-> tieifbläde“““ Meef; t d*mv>:dto Sonieriinsel so viele /.Befreier“ zu verdanken hatte. Und darüber der fast immer heitere Himmel Großgriechenlands...Zwei
Allen Kunstfreunden ist Parma durch sein einzigartiges Baptisterium, durch die Plastiken Benedetto Antelamis und als Geburtsstadt Correggios ein Begriff. Musikkenner wissen, daß hier Verdi, Tosca-nini und Pizzetti geboren wurden und Paganini seine letzte Ruhestätte fand. Weniger bekannt ist hingegen, daß sich die durch ihre kulinarischen Spezialitäten weltberühmt gewordene Stadt innerhalb eines Jahrzehnts zu einem aktiven kulturellen Zentrum entwickelt hat.Eine der ältesten Universitäten und eines der schönsten Hoftheater Italiens waten die Voraussetzungen für die Verwirklichung der
Jaroslav Haseks armer geplagter Svejk kommt nimmer zur Ruhe. Seit vierzig Jahren regt er immer wieder Dramatiker und Librettisten, Drehbuchautoren und Filmregisseure zu neuen Bearbeitungen und Umformungen an. „Die Abenteuer des braven Soldaten Svejk“ wurden 1921 bei ihrem Erscheinen als Manifestation des Pazifismus empfunden. Die gelungene Satire auf den Nationalitätenkampf der Tschechen im Verband der österreichischen Armee kurz vor dem Ende des Habsburgerregimes wurde nicht nur von übereifrigen Rezensenten zum neuen „Don Quichote“ hinauflizitiert, sondern auch bald in den Dienst
Lange bevor der hochsommerliche Festspieltrubel die Mozart-Stadt erfaßt, locken schon andere Veranstaltungen zahlreiche Musikkenner und -liebhaber aus vielen Ländern herbei: Seit der Gründung im Jahre 1954 ist die Reihe der „S a 1 z b u r g e r Schloßkonzerte“ zu einem festumrissenen Begriff im westeuropäischen Musikleben geworden. Die Verwirklichung einer guten Idee hat der Salzachstadt viele Tausende treuer Freunde gewonnen, die nur deshalb alljährlich wiederkommen, weil Musik, Raum und Jahreszeit einen Dreiklang ergeben, den das hektische Tremolo des sommerlichen Festivalbetriebes
Die Uraufführung des Schauspiels „Das Kapital“ von Curzio Malaparte war einer der größten Mißerfolge der Pariser Theatersaison 1948/49 gewesen. Danach war das Karl-Marx-Drama des „verdammten Toskaners“ mit Recht rasch in Vergessenheit geraten. Und nun, elf Jahre später, kam in Mailand die italienische Erstaufführung des biographischen Stückes zustande, ausgerechnet im katholisch orientierten Teatro di Convegnol Hätte der skandalumwitterte Autor der Romane ..Kaputt“ und „Die Haut“ diesen — wenn auch mißlungenen — Versuch seiner Ehrenrettung noch erlebt, so wäre der
„Je tiefer man in das Wesentliche der Kunst eindringt, desto einheitlicher, unwandelbarer erscheint sie, unbeschadet des Wandels in ihren Formen.“ Dieses Wort des jungen Hofmannsthal hätte ein treffliches Motto abgegeben für eine der schönsten Ausstellungen des bewegten Kunstjahres 1959, in dessen Verlauf — noch verwirrender als in früheren Jahren — der Formenwandel in den bildenden Künsten überreich zur Schau gestellt wurde. Der im Haus der Kunst in München gebotene Querschnitt durch „1000 Jahre chinesische Malerei“ mußte bei knapp zweihundert sorgfältig aus einer
Um es gleich vorwegzunehmen: Die Festspiele der Bayrischen Staatsoper waren ein voller Kassenerfolg, aber kein eindeutiger künstlerischer , .. Fünf Opern von Richard Strauss, drei von Mozart, eine Oper von Gluck, zwei von Händel und zwei von Wagner bildeten das Kernprogramm des Münchner Opernfestes 195 9, das von drei Liederabenden, einem Orchesterkonzert der Wiener Philharmoniker und von zwei Serenaden abgerundet wurde. Von den dreizehn Opern standen elf bereits in der vergangenen Spielzeit (manche schon seit Jahren) auf dem Programm, eine davon wurde eigens für das Opernfest neu
Salzburg, Ende JuniPrivate Initiative auf künstlerischem Gebiet ist bedauerlicherweise gerade in unserer Zeit eine große Seltenheit geworden. Darum muß es dem Inhaber eines Salzburger Reisebüros hoch angerechnet werden, daß er auf eigene Faust einen wohldurchdachten Plan verwirklichte und so einen wichtigen Beitrag für das Kulturleben seiner Heimatstadt leistete. Der Plan war; den Besuchern der Mozart-Stadt auch vor und nach der turbulenten, durchaus nicht immer vom Geist Mozarts und Hofmannsthals beseelten Festspielzeit die Gelegenheit zu bieten, musikalische Erlebnisse besonderer Art
Eine Frau wartet in ihrem Zimmer auf einen Anruf, wartet offensichtlich erregt auf das Klingeln des Telephonapparates. Diese zweischneidige technische Errungenschaft soll die letzte Verbindung mit ihrem Geliebten herstellen. Die beiden Menschen haben erkannt, daß ihre Liebe zu schwach war, um ein harmonisches Zusammenleben zu garantieren. Sie haben daher beschlossen, sich nie wieder zu verabreden, sich nie wieder mit Worten über eine veränderte Situation hinwegzusetzen und sich nicht unnötig zu. belügen. Der Mann liebt bereits eine andere und hält mit der grausamen Wahrheit nicht hinter
Das Märchen vom guten, alten Rokoko ist nicht erfunden. In der Münchner Residenz wird es zur Zeit beängstigend prunkvolle Wirklichkeit. Beängstigend, weil gerade das Zeitalter des Rokoko ein recht zwielichtiges Zeugnis für die kulturelle Gemeinschaft Europas ablegt; und prunkvoll, weil keine Mühe gescheut und keine Mittel gespart wurden, eine oftmals falsch beurteilte Epoche ins rechte Licht zu setzen. Oeffentliche und private Leihgeber aus aller Welt trugen (einträchtig wie nie in der Politik) ihr Teil zu der großartigen Ausstellung „Europäisches Rokoko“ bei, die im
Ungewöhnlich spät endete heuer die Stagione der Mailänder Scala. Knapp vor Torschluß gab es noch eine Balletturaufführung und mehrere ausgezeichnete Neueinstudierungen.„Prove di Seena“ — „Bühnenprobe“ — nannte der Triestiner Giulio V i o z z i sein neues Ballett, das im Anschluß an Leos Janaceks selten gespielte Oper „Das schlaue Füchslein“, von Nino Sanzogno neueinstudiert, unter der musikalischen Leitung von Luciano Rosada erfolgreich uraufgeführt wurde. „Prove di Seena“ — das ist Ballett ohne falsches Pathos, Tanz ohne übertriebene Askese, Freude an
Italiens „alter Musikmeister“ — so könnte man Ildebrando Pizzetti mit Hermann Hesse nennen — hat in den letzten zwei Jahren unermüdlich an einem großen Werk gearbeitet: an der Vertonung von T. S. Eliots berühmter Tragödie „M ord im Dom“. Vor wenigen Monaten hat der bald achtzigjährige Komponist die zweiaktige Oper vollendet, die nun an der Mailänder Scala eine glanzvolle Uraufführung erlebte.Allen Zweiflern zum Trotz hat Pizzetti mit seinem „Assassinio nella cattedrale“ eindrucksvoll bewiesen, daß man auch aus einem wenig bühnenwirksamen Eliot-Drama eine packende Oper
Neapel, im März 1958 Als vor zwei Jahren Renzo Rossellinis einaktige Oper „La guerra“ („Der Krieg“) im San-Carlo-Theater uraufgeführt wurde, schien der beachtliche Erfolg dieses realistisch-grausamen WerkesDer Komponist Theodor Berger, dessen Ballett „Homerische Symphonie“ in der Wiener Staatsoper aufgeführt wurde. (Besprechung in der nächsten Folge der „Furche“)pazifistischer Tendenz (das Stück wurde an dieser Stelle seinerzeit besprochen) noch eher verständlich als beim jüngsten Opus des Komponisten, dem drei-aktigen Musikdrama „II vortice“ („Der Wirbel“), das
Mailand in MärzIn einer’ Aamosphäre von .Ängst und Unsicherheit schrieb Gertrud von Le Fort zwischen den” beiden Weltkriegen die Novelle „Die Letzte am Schafott”; und drei Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges verfaßte ein schwerkranker Dichter, von Todesangst gequält, nach dieser Novelle ein Filmszenarium: „Die Gespräche der Karmeliterinnen”; sie waren Georges ‘Bern an os’ letztes Werk. „Die begnadete Angst”, so hieß der Titel der deutschen Bühnenfassung, wurde nach der Zürcher Uraufführung auch vom Wiener Burgtheater erfolgreich herausgebracht.Francis
Neapel, Ende FebruarDaB eine Oper aktuell sein und ihre Aufführung kulturpolitisch bedeutsam werden kann, ist keineswegs neu, aber eine ungewöhnliche Seltenheit uf der Bahne unseres Jahrhunderts.Ungewöhnlich an der Oper „Monte Ivnoi” er- icheint vor allem, daß der Komponist Lodovico Roeca ein Textbuch von Cesare Meano nach Franx Werfels „Die vierzig Tage des Muia Dagh” wählte. Denn gerade dieses Werk des Dichters, das vor einem Vierteljahrhundert in knappen neun Monaten geschrieben wurde — angeregt durch die Begegnung mit heruntergekommenen und verstümmelten Flüchtlingskindern
Mailand, im Juni. Die für die nächsten drei Jahre geplanten Austauschgastspiele Wiener Staatsoper — Mailänder Scala lenken die besondere Aufmerksamkeit auf das berühmte italienische Operninstitut. Mit dem Stargastspiel („Lucia di Lammermoor“ von Donizetti), das bereits in Nr.'26 der „Furche“ besprochen wurde, und mit der Aufführung von Cimarosas komischer Oper „Die heimliche Ehe“ (im Akademietheater) haben sich die Italiener aufs beste in Wien eingeführt: mit einer lebensprühenden Aufführung von selten erreichter Einheitlichkeit der Ensembleleistung; so daß uns Robert