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Digital In Arbeit

Die Qual der Wahl des „richtigen” Joghurts

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Mit ihrem neuen Buch „Was ist Trendforschung” lassen sich Matthias Horx und Peter Wippermann bei ihrer Arbeit im Trendbüro in Hamburg über die Schulter blicken.

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Mit ihrem neuen Buch „Was ist Trendforschung” lassen sich Matthias Horx und Peter Wippermann bei ihrer Arbeit im Trendbüro in Hamburg über die Schulter blicken.

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Sie gehen nicht mit der Masse, und Trends sind etwas, dem nur die anderen nachlaufen? Wenn Sie dieser Meinung sind, dann liegen Sie - welche Enttäuschung - voll im Trend. Das behaupten zumindest die beiden deutschen Trendforscher Matthias Horx und Peter Wipper-mann in ihrem neuen Buch „Was ist Trendforschung”. Der Soziologe und Journaüst Horx beschreibt unsere Trendgesellschaft folgendermaßen: Wir sind kulturellen und sozialen Kräften unterworfen, die wir weder kontrollieren noch in einfache Raster fügen können. Es gelingt aber auch nicht, sich ihnen zu entziehen.

Gemeinsam mit dem Kommunikationsdesigner Wippermann verfaßte Horx einen Leitfaden, der Einblick in die Hintergründe der Trend forschung gibt.

Viele von uns meinen, fernab von allen Trends existieren zu können. Krampfhaft versucht man, alte Traditionen zu erhalten, obwohl diese schon längst verloren sind. Im Gegensatz dazu beschäftigt sich die Trendforschimg damit, Veränderungen zu erfassen und Dynamiken zu begreifen. Gesucht wird nach Auslösern, die Herkömmliches und Liebgewonnenes in Frage stellen.

Kurz: Die Aufgabe liegt darin, das Eigenleben der komplex gewordenen Gesellschaft zu ergründen.

Doch was ist ein Trend und wie kommt man ihm auf die Spur? Nach der Definition der Autoren handelt es sich um hochkomplexe, selbststeuernde Prozesse in der modernen Individual-gesellschaft. Die Forscher suchen nach Begriffen, die diese informationsreiche Umwelt beschreib-und erfahrbar machen. Wippermann er klärt beispielsweise in einem Kapitel, das Verhalten von Konsumenten bei der Qual der Joghurtwahl. Er beschreibt vier verschiedene Konsumenten typen. Die Palette reicht vom Zerstreuungs-Spezialisten bis hin zum Moral-plus-Konsumenten.

Während der eine das Erlebnis sucht und Fruchtgeschmack mit Schokosplits bevorzugt, entscheidet sich der andere verantwortungsbewußt und gewissenhaft für ein natürliches Produkt.

Für die Suche nach solchen Verhaltensmustern und den daraus entstehenden Trends gibt es jedoch keine hundertprozentigen Regeln. Horx und Wippermann beschreiben den Ablauf als reines Abenteuer.

Der erste Kontakt erfolgt inmitten einer Flut von Bildern, Zeichen, Symbolen und Sprachanwendungen. Bei genauer Beobachtung bemerkt man plötzlich eine hartnäckige wiederkehrende Melodie, vergleichbar mit einem Musiktitel, der zum Hit wird.

Von einem Tag auf den anderen ist das Lied dann stündlich im Radio zu hören. Ebenso häufig fällt dann ein

Trend auf.

Hat man etwas bemerkt, so gilt es nun den mutmaßlichen Trend zu bestätigen oder zu widerlegen. Schließ-lich verpaßt man dem Kind noch einen klingenden Namen und verpackt es in ein verwertbares Marketingkonzept, Nur so kann sich der Trend dann in der Gesellschaft auch wirklich einprägen. Ilorxund Wippermann strecken ihre Fühler aus und sammeln im gemeinsamen Trendbüro Fakten für die Zukunft. Mit ihrer Arbeit verfolgen sie Ziele wie Prognose und Einprägung der Trendbegriffe. Eine ungeschriebene Regel der Branche besagt sogar, daß man zu einem neuen Trend gleich ein erfolgreiches Produkt (mit)erfin-den sollte.

Der neue Leitfaden durch die Trendforschung von Horx und Wippermann artet jedoch nicht in einem Marketinglehrbuch aus. Mit ihrer Arbeit richten sich die beiden Autoren auch an Menschen, die sich selbst von Trends beeinflußt fühlen oder an solche, die ihr gesellschaftliches Umfeld besser verstehen wollen.

Sind Sie jetzt noch immer der Meinung, daß Sie Trends im Grunde überhaupt nicht interessieren? Nun, dann tappen Sie den Trendforschern zum zweiten Mal in die Falle. Hinter diesem Gedanken lauert nämlich laut Horx ein großer Hunger. Ein großes Verlangen danach, möglichst alle Trends zu erfahren, die uns in nächster Zeit erwarten.

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