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Ungastliches Österreich

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Die rückläufigen Tourismusziffern in Österreich können niemand verwundern, der die Verhältnisse im Land mit offenen Augen beobachtet: Die Preise in allen Restaurants, Cafes, Hotels sind gegenüber den Nachbarländern überhöht. Die Waren in den Läden meist ebenso, da es sich um Importe handelt, die man günstiger anderswo kauft. Die Leute, die Gäste bedienen, entstammen immer öfter einer Generation, die „bedienen" und eine Haltung der Höflichkeit nicht nur nicht gelernt, sondern zutiefst abzulehnen geübt hat.

Will man sich beim Kellner oder der Kellnerin bemerkbar machen, sind sie mit Rauchen oder kollegialem Gespräch beschäftigt.

Zudem sind sie viele Jahre vergangener Tourismuswellen gewöhnt. Sie kennen nichts anderes als überfüllte Lokale und bittende Blicke der Wartenden, ausgebuchte Hotels, volle Pisten, gestürmt von Gästen aus der einstigen Bundesrepublik, dann neu zu DM gekommenen Neubürgern aus der ehemaligen DDR, wo sich der Mythos Österreich, der Freundlichkeit seiner Menschen, des Lächelns seiner wohlgesinnten Bewohner, länger erhalten hat.

Nun sprach sich auch dort schon herum, daß dieser Mythos zerronnen ist, sogar die Italiener kamen darauf, daß die einst wohlgeordnete Lebensart bei uns Schaden genommen und sich in rüdere, lautstarke, brummige Rustikalität verwandelt hat. Wenn schon so vieles nicht funktioniert, bleibt man dann lieber in Italien, wo es wenigstens heiterer zugeht und billiger, oft auch eleganter ist.

Und nicht nur das: Die meisten Österreicher haben es selbst schon entdeckt, daß Kellner und Verkäufer, die in Österreich die Gäste vergrämen, in logischer Konsequenz ihren eigenen Urlaub im freundlicheren Ausland verbringen.

In Palma, Mallorca, gibt es zwei alte stilvolle Cafes mit Namen San Joan dAigo. Als ich mich begeistert zeigte, führte der mir bisher unbekannte-Inhaber der beiden seine Köstlichkeiten vor, die ich mit Genuß verspeiste. Nun wollte ich zahlen - entsetzt wehrte der Chef ab: „Sie waren mein Gast!"

Wem könnte das in Österreich passieren?

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