Die Angst der syrischen Christen

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Es gibt Zweifel an den Zielen der syrischen Opposition. Vertreter von NGOs berichten von Übergriffen gegen Zivilisten, so die Berliner Morgenpost.

Vier Autobombenanschläge in Syrien innerhalb der vergangenen drei Monate werfen Fragen über die Drahtzieher auf. "Sie tragen alle die Erkennungszeichen von al-Qaida“, sagt James Clapper, der Direktor des Nationalen Geheimdienstes der USA. Eine Beteiligung des islamistischen Terrornetzwerks an der Rebellion gegen Assad - das hört die syrische Opposition nicht gerne. Sie beschuldigen stattdessen das Regime, die Anschläge selbst inszeniert zu haben.

Die Opposition will militärische Unterstützung, und das so schnell wie möglich. Man will Assad, ähnlich wie Muammar al-Gaddafi in Libyen, mit Waffengewalt aus dem Präsidentenpalast treiben. Mit der Wahrheit nimmt es die Opposition dabei nicht so genau. Omar Schakir, einer der Hauptorganisatoren des Rebellen-Medienzentrums von Homs, das die syrische Armee im Februar zerstört und dabei zwei Journalisten getötet hatte, gab zu, dass man Informationen bewusst "ausgewählt“ habe: So viel Material wie möglich vom Elend der Zivilbevölkerung an die Medien und so wenig wie möglich von den Kampfaktivitäten der Rebellen. "Manchmal muss man Nachrichten zurückhalten.“

Unterdrückte Nachrichten

Ein Teil dieser unterdrückten Nachrichten dringt langsam durch. So klagt die Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch in einem öffentlichen Brief die Opposition "ernsthafter und weitverbreiteter Menschenrechtsverletzungen“ an. Dazu gehören: Folter, Kidnapping und Exekutionen, denen nicht nur Behördenmitarbeiter, sondern auch Zivilisten zum Opfer fielen. Vorwürfe, die so gar nicht zum positiven Image selbstloser "Freiheitskämpfer“ passen.

"Der Großteil der Medien nimmt Partei für die Rebellen, klagt ausnahmslos die syrische Regierung an und vergisst, kritische Fragen zu stellen“, sagt Patrick Sookhdeo, internationaler Direktor des Barnabas Funds, einer christlichen Hilfsorganisation, die sich weltweit um Christen kümmert, die diskriminiert und verfolgt werden. "Aus Syrien kommen schlechte Nachrichten“, erklärt Sookhdeo und liest aus der E-Mail eines Erzbischofs, dessen Namen er aus Sicherheitsgründen nicht nennen will. "Bewaffnete Männer zerstörten unser Waisenhaus, die Kirche und Gräber. Sie patrouillieren auf den Straßen, auf die sich wegen der Massaker niemand wagt. 60 Häuser von Christen wurden in Homs total ausgeraubt und verwüstet.“ Der Erzbischof spreche hier von Rebellen, klärt der Barnabas-Direktor unmissverständlich auf. 200 Tote habe es in Homs unter den Christen gegeben. "Nur sehr wenige starben durch Granatenbeschuss der Armee.“

Die christliche Bevölkerung gilt als Unterstützerin Assads. "Wobei die offizielle Position der Kirche neutral ist“, fügt Sookhdeo an. Assad garantierte den Christen freie Religionsausübung und platziert ihre Vertreter in Regierung und Verwaltung. "In Homs verschanzten sich Rebellen in christlichen Vierteln, da sie als sicher galten“, sagt Sookhdeo. Die Christen seien als menschliche Schutzschilde benutzt worden. "Ihre Flucht aus Homs haben die Rebellen verhindert.“

Von den insgesamt zwei Millionen syrischen Christen dürften mittlerweile dennoch einige Hunderttausende das Land verlassen haben. Mittlerweile hat sich auch der Vatikan eingeschaltet. Die hauseigene Nachrichtenagentur Fides zitiert eine Quelle aus dem syrischen Aleppo, die Verfolger als Rebellen beschreibt: "Islamistische und terroristische Bewegungen sind auf dem Vormarsch.“ In einigen von den Rebellen kontrollierten Stadtteilen soll die schwarze Flagge der al-Qaida gehisst worden sein. Unterdessen versicherte US-Präsident Barack Obama, man werde keine "Waffenhilfe“ an die Opposition liefern.

* Aus Berliner Morgenpost, 26. März 2012

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