Die ausgesperrte Diskussion

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Die Süddeutsche Zeitung ermöglicht keine Kommentare mehr unter den Artikeln in ihrem Internet-Portal. Allfälligen Diskutanten bietet sie auf Knopfdruck "Feedback an die Redaktion", verweist aber ansonsten auf Facebook, Twitter und Google+. Die dortigen Äußerungen im Artikel-Zusammenhang sind dann im rivva-Debattenmonitor nachzulesen -einem "Partner von sueddeutsche.de".

In Österreich hat der Klarnamen-Disput zumindest die Fronten klar gemacht. Die Bayern versuchen unterdessen, ihren Online-Auftritt keimfrei von verbalen Nutzer-Bazillen zu halten. Das geschieht gleichermaßen umständlich wie halbherzig. Die Resonanz-Sammlung der an Social-Media-Plattformen ausgelagerten Anmerkungen soll das Partizipations-Image aufrecht erhalten. So hilflos es auch wirkt: Das ist eine Investition in Glaubwürdigkeit. Sie geht aber zwangsläufig auf Kosten der Besuchsfrequenz von sueddeutsche.de. In Österreich würde der Standard derart einen großen Teil seines Internet-Datenverkehrs einbüßen. Als Papier hat er täglich 400.000 Leser, im Web erzielt er 250.000 User pro Tag. Die gedruckte Reichweite stagniert, die digitale Quote steigt. Die Postings der Nutzer sind einer der stärksten Traffic-Bringer, und Online-Werbekunden wollen Traffic.

Digitales Geschäftsmodell schlägt analoges Qualitätsprinzip. Sonst wäre es nicht möglich, dass trotz Kontrolle zumindest kurzzeitig auch immer wieder beleidigende bis verleumderische Äußerungen in die verschriftlichte Logorrhoe einfließen. Letztlich beschädigen gehaltlose Äußerungen von Lesern die Glaubwürdigkeit der Schreiber. Wer unter jedem guten Artikel zig schäbige Anmerkungen liest, zieht den Träger solch unanständiger Scharmützel zur Verantwortung. Das Medium, diese sonst sorgsam gepflegte Marke, verliert Vertrauen. Vertrauen ist die Basis für das Geschäftsmodell Journalismus.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

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