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Haß und Einsamkeit

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Die anläßlich der tschechischer Filmfestwoche gemachte Erfahrung daß man aus den Filmstudios ir Barrandov zum größten Tel! Qualitätsware exportiert, wird vor der tschechischen Produktion „10.30 Vhr: Attentat“ bestärtiigt. Hier ist eine Dokumentation von erstaunlicher historischer Authentizität in jeder Einzelheit entstanden. Die Ermordung des „Reichsprotektors' von Böhmen und Mähren, Heydrich, durch eine in England besonders ausgebildete Fallschirmspringertruppe tschechischer Soldaten, wai schon wegen der fürchterlichen Vergeltungsmaßnahmen, die folgen mußten und tatsächlich folgten, von der Exilregierung in London kaum zu verantworten. Auch der von Jird Sequens inszenierte Film kann von der Notwendigkeit dieses Attentats nicht überzeugen, beschränkt sich darum im Allgemeinen darauf, die gesamten Ereignisse nur mit einer ans Uniwahrscheinliche grenzenden Objektivität zu rekonstruieren. Hervorragend in Charakterisierung, Darstellung und Maske die Schlüsselfiguren Heydrich (Siegfried Loyda) und Canaris (Harry Studt), deren Rivalität der Streifen geschickt herausarbeitet. Als historisches Dokument steht er weit über Rene Clements „Brennt Paris?“, er ist außerdem ein filmisches Denkmal für Tausende von Menschen, die im Anschluß an dieses Attentat im Rahmen sinnloser Vergeltungsmaßnahmen niedergemetzelt wurden.

Recht schonungslos geht der seit „Tom Jones“ zur Weltelite zählende Verfechter des „Free Cinema“, Tony Richardson, in seinem bereits mehrere Jahre alten Streifen „The Loneliness of the Long Distance Runner“ („Der verlorene Sieg“), mit der doppelbödigen Moral der modernen Gesellschaft ins Gericht. Das Vorleben eines in seiner Anlage keineswegs kriminellen jungen Mannes, der bei einem Einbruch ertappt wurde und seine Strafe in einer modernen „Resozialisierungsanstalt“ abbüßt, wird in mehreren Rückblenden aufgerollt und analysiert. Dieser Colin Smith, den sein Direktor als Langstreckenläufer in der Mannschaft der Besserungsanstalt groß herausbringen will, macht jedoch allen einen Strich durch die Rechnung: Gerade weil die Flucht vor dem Leben, vor der Polizei, vor sich selbst, die seine Vergangenheit gekennzeichnet hatte, nun in dieser Sportart ein symbolisches Ventil gefunden hat, rebelliert Smith gegen die Art, auf die man ihn bekehren will. Er läßt sich zu nichts zwingen.

Jeder amerikanische Streifen hätte mit Colins Sieg — über die anderen und sich selbst — gehappyendet. Die von Alan Sillitoe verfaßte Story gibt dem Helden seine Chance in der abermaligen Rebellion gegen seine Umwelt. Mag man diese Vorgangsweise auch vielleicht nicht billigen, so kann man sie doch wenigstens verstehen, zumal in Tom Courtenay ein faszinierender Interpret dieses unglücklichen Einsamen vor der Kamera stand.

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