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Galilei kam nach Bregenz

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Der „Fall Galileo Galilei“, wie er sich vor dem römischen Inquisitionstribunal bzw. einer Kommission von Kardinälen, bei der es bezeichnenderweise nur eine Mehrheit von 7:3 gab, in den fBhren 1616 bzw. 1633 abspielte, leitete den Prozeß des Auseinandergehens der Wissenschaft und des Glaubens ein, der erst in unseren Tagen einer neuen Synthese! Platz gemacht hat.dal^Galilei-Cräffiafi vp Braak fZwälUngar zwei-''Helden,' den Forscher, der; innerlich .fällt, als er' die erkannte Wahrheit Irrtum nennen läßtr und Maffeo Barberini, der als Kardinal ein Freund des Gelehrten und Gegner des Obskurantismus ist, als Papst Urban VIII. aber zu den vielen Sorgen seines Amtes nicht noch philosophische Zweifel am Sternenhimmel brauchen kann. Er schätzt und schützt Galilei und überhäuft ihn mit Gnaden, aber er soll vorsichtig Sein. Die Kommissäre des Heiligen Offiziums haben es nicht leicht: sie sollen den Angeklagten verurteilen, ihn aber möglichst schonen. Es steht gar nicht der Glaube gegen die Forschung, sondern die Staatsräson, der sich auch ein Papst nicht entziehen kann.

So ist der zweite Akt, in dem Galilei sich plötzlich dem verwandelten Barberini gegenübersieht, unseres Erachtens der stärkste. Der bei der Uraufführung in Bregenz gemachte Einwurf, es handle sich um eine Aneinanderreihung theologischer Disputationen, ist kaum stichhaltig. Nach diesem Maßstab müßte jedes Dialogstück abgetan werden. Will man kritisieren, dann ist der fünfte Akt der schwächste: damit, daß Galileis Handschriften nach Frankreich geschmuggelt werden, ist nichts getan. Vielleicht hätte man Galilei die Vision vor Augen führen sollen, daß die von ihm gepflückte Frucht vom Baume der Erkenntnis nach Hiroshima geführt hat. fotiqaA ' Der Direktor der Bregenzer Festspiele, Ernst Bär, hat' in den fetzten Jahren wiederholt bewiesen-, daß er „heiße Eisen“ anzufassen versteht. Auch diesmal hat er einen glücklichen Griff getan. Ein solches Stück bedarf der Darsteller von wirklicher Größe. Das Wiener Burgtheater bringt sie. Attila H ö r b i-g e r hat in der Titelrolle vielleicht die größte Leistung seines Lebens geliefert. Heinz Woestei ist ein Gegenspieler von gleicher Höhe, als Kardinal Barberini nobel bis zum Sarkasmus, als Papst Urban VIII. Herrscher bis zur Härte. Wundervoll war die Begegnung mit dem wie aus der Vorzeit zu uns sprechenden Otto T r e ß 1 e r als Papst Paul V. Es ist nicht möglich, die lange Liste der Darsteller, unter denen sich jeder zur Spitzenleistung erhebt, aufzuzählen; in der „jungen Franziskanerin“ hat der AuÄr die im Spiel naturgemäß fehlende Frauenrolle eingefügt.

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