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Konrad — der politische Mdrtyrer

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Da steht eine langst „ nicht mehr gebrauchte" gotische Kirche quasi vergessen am Ortsrand der oberbsterreichischen Gemeinde Oberwang, nur zehn Kilometer von Mondsee entfernt und ware langst eine Ruine, wenn sich nicht jahr-zehntelang private Spender und offi-zielle Denkmalschiitzer sowie Musik-freunde ihrer angenommen hatten, alien voran die im Vorjahr verstorbe-ne Kiinstlerin Lydia Roppolt.

Der Ort gehbrte einstmals zum Einzugsgebiet des Benediktinerstiftes Mondsee, ihre altesten Teile sollen so-gar aus dem 4. bis 5. Jahrhundert stammen. Als am 15. Januarius anno 1145 der aus dem Rheinland stam-mende Abt des Stiftes, Konrad von Mondsee, mit den Oberwangern deren Kirchenpatrons, des heiligen Kili-an (Patron des Bistums Wiirzburg, gest. 689) gedachte, befbrderten ihn auf dem Biickweg Dienstleute der Pfullinger zu Tode. Die Pfullinger waren ein angesehenes Geschlecht, dem auch der heilige Wolfgang ent-stammte, aber sie standen im Kampf mit den kirchlichen Lehensherren und versuchten, sich nach und nach diese Lehen als rechtmaBiges Eigen-tum anzueignen. Die Annalen des Stiftes nennen Konrad als Blutzeugen dieser Herrschaftskampfe bereits hundert Jahre spater einen Heiligen und das blieb Konrad bis ins 14. Jahrhundert hinein, bis Rom vielen da-

mals als Heilige verehrten Martyrern, Asketen, Ordensgrtindern, Missiona-ren und weiteren mehr oder minder heroischen Blutzeugen die „Heilig-keit" absprach und sie zu „Seligen" degradierte.

Die Konradkirche Oberwangs litt in den folgenden Jahrhunderten zwar wahrend der Reformationszeit, nicht aber unter den Sakularisierungsaktio-nen Kaiser Josef II. und verlor erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts ihre Funktion. Salzburgs Stift St. Peter und dessen Erzabt Jakobus Reimer hielt jedoch die schiitzende Hand iiber

das Kleinod und beauftragte Emma Agnes Roppolt damit, das historische Erbe vor dem Ruin zu schiitzen und das geistige Erbe des seligen Konrad von Mondsee wachzuhalten; in der Zwischenzeit sorgte die Kiinstlerin Lydia Roppolt dafiir. Der von den Roppolts gegriindeten Vereinigung der Konradfreunde gehbren heute Persbnlichkeiten aus dem In- und Ausland an, darunter auch der Chef der oberbsterreichischen. Landespres-sestelle, Hofrat Heribert Forstner.

Es ist diesen Idealisten gelungen, fiir das diesjahrige Konradfest - man gedenkt „ein biBl verspatet" der 850. Wiederkehr des Martyriums des seligen Abtes Konrad - zur Zelebration des Hochamts Dibzesanbischof Egon Ka-pellari zu gewinnen und die musikali-sche Gesamtleitung dem Komponi-sten Martin Haselbbck anzuvertrauen, der dazu als Kompositionsauftrag des Landes Oberbsterreich eine Messe fiir drei Stimmen und Instrumente sowie einen Cantus komponierte.

Die Termine 10. und 11. August 1996 heiBen also fiir Musik- und Denkmalfreunde, einen 9 km langen „Abstecher" von der Westautobahn zu nehmen und sich anzusehen und anzuhbren, was Uberzeugungskraft -dafiir nunmehr die Roppolt-Schwe-ster Veronika Widlroither zustandig -im landlichen Raum zu schaffen ver-mag. Uber den historischen Hinter-grund inforroiert am Sonntag Pater Benedikt Wagner vom Stift Seiten-stetten.

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