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Mit den Augen der Jugend

Das Selbstverständnis des Kino-Querdenkers Michel Gondry ("Vergiss mein nicht!", "Der Schaum der Tage") hat sich selten so gut fassen lassen wie in einer Szene aus seinem jüngsten Streich "Mikro &Sprit". Ein Teenager will da einen Zeichenwettbewerb für Kinder gewinnen. Handwerklich ist er den Kleinen natürlich weit überlegen. Trotzdem belegt er nur den zweiten Platz, weil er ganz realistisch ein Flugzeug zu Papier gebracht hat statt die Vorstellungskraft spielen zu lassen. Gondry wiederum lässt seine kontrolliert durchgehen, wenn er den Burschen und seinen gleichaltrigen Begleiter im selbst gebastelten, als Häuschen getarnten Auto auf Reisen schickt. Beide sind sie Außenseiter, beide wollen sie ihrem Zuhause für eine Weile entkommen. Zwischen Kindsein und Erwachsenwerden entfaltet sich mit etwas Anlauf eine nette, manchmal ungewohnt direkte Sommergeschichte, der besonders eines anzurechnen ist: Auch für die großen und kleinen Probleme der Welt benutzt sie die Augen der Jugend.

(Thomas Taborsky)

Mikro & Sprit (Microbe et Gasoil)

F 2015. Regie: Michel Gondry. Mit Ange Dargent, Théophile Baquet, Diane Besnier. Constantin. 105 Min.

Sehnsüchte von Frau und Mann

Sie will ein Happy End, er ein Ende. Bereitwillig untermauert das Melodram "Ein ganzes halbes Jahr" einschlägige Kulturtheorien über die ungleichen Sehnsüchte von Mann und Frau. Zum Thema Sterbehilfe, um das es kreist, trägt es wenig bei. Dann und wann arbeitet es gelungen heraus, wie Angehörige mit dem Wunsch eines Lieben, keine Schmerzen mehr haben zu wollen, ringen. Die größte Kämpferin ist hier die Frohnatur Lou, die sich für jeden außer sich selbst aufopfert. Das gilt auch für ihren Patienten Will, der nach einem Unfall fast vollständig gelähmt ist. Seinen bitteren Zynismus hat sie kaum durchbrochen, da erfährt sie von der Abmachung mit seinen Eltern und beschließt ihm zu zeigen, wie lebenswert sein Leben sein kann. Ohne Hauptdarstellerin Emilia Clarke und ihre mitreißende Portion unbefangenem Charme bliebe wohl eine Ansammlung von Klischees, Popballaden und Traumorten. So wurde aus dem Roman von Jojo Moyes jedoch ein guter, klassischer Rendezvousfilm.

(Thomas Taborsky)

Ein ganzes halbes Jahr (Me Before You)

GB 2016. Regie: Thea Sharrock. Mit Emilia Clarke, Sam Claflin, Janet McTeer. Warner. 110 Min.

007-Feldversuch

Am lautesten im Poker um die Nachfolge von Daniel Craig war lange Zeit der Name Idris Elba zu vernehmen - und mit ihm die Idee vom ersten schwarzen James Bond. Der Actionkrimi "Bastille Day" mutiert so fast zum Was-wäre-wenn-Spiel. Elba übernimmt darin nämlich den Part eines CIA-Agenten, der Ergebnisse liefert und Vorschriften ignoriert. Nach einem Bombenanschlag mitten in Paris wird er zum Sammeltaxi für Terrorverdächtige: einen Trickdieb, der die falsche Tasche mitgehen ließ, und eine Aktivistin, die als Werkzeug einer Verschwörung missbraucht wurde. Obwohl er ein Loblied auf die Macht der Ablenkung anstimmt, setzt dieser Streifen selbst bedrückend wenige Überraschungsmomente. Brav dekliniert er in der Seine-Metropole durch, was vor ihm andere erfolgreicher versuchten. Da mögen Hausdachturnerei und Nahkämpfe noch so routiniert sein: Im Gedächtnis bleibt dieser Durchschnitt kaum.

(Thomas Taborsky)

Bastille Day

GB/F/USA 2016. Regie: James Watkins. Mit Idris Elba, Richard Madden, Charlotte Le Bon. Constantin. 92 Min.

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