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„María de Buenos Aires“: Die Musik dominiert, die Szene ist rätselhaft

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Die Geschichte des aufregenden Lebens der von Luciana Mancini verkörperten Tango-Tänzerin Maria, die in Buenos Aires ihr Leben lassen musste.

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Die Geschichte des aufregenden Lebens der von Luciana Mancini verkörperten Tango-Tänzerin Maria, die in Buenos Aires ihr Leben lassen musste.

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Zu den vielen Komponisten, auf die breitenwirksam zuerst der große Geiger Gidon Kremer aufmerksam gemacht hat, zählt Astor Piazzolla. Die vielschichtigen Tangos des prominenten Argentiniers haben sogar Eingang in das Repertoire wichtiger Kammermusikformationen gefunden wie dem Alban Berg Quartett. Piazzolla gilt auch als Erfinder einer neuen Tango-Art: des Tango nuevo, der Klassik- und Jazz-Elemente brillant mit einbindet. Damit hat er wesentlich dazu beigetragen, diesen Tanz über Südamerika hinaus hoffähig zu machen.

Auch Musiktheater stammt aus Piazzollas Feder. „María de Buenos Aires“, eine zweiteilige „Tango Operita“, die man auch als eine Art Oratorium verstehen kann. Thema ist die – wohl nach dem Vorbild des biblischen Schöpfungsberichts – auf sieben Tage verdichtete Geschichte des bunten Lebens einer schließlich in Buenos Aires ermordeten Tango-Sängerin. Sie hat so gut wie alle Facetten des Frau-Seins zuvor durchlebt, wartet zuweilen mit Zügen der Muttergottes auf. Eine lineare Handlung sucht man vergebens. Vielmehr wird man in knappen 90 Minuten mit einer Vielfalt von Rückblenden konfrontiert.

Eine Fortsetzung der ebenfalls durch Mord umgekommenen Carmen? Geht es hier nicht auch um die Frage, wie dieser Femizid gesühnt werden soll? Und welche Rolle spielt die religiöse Dimension dieser wohl grundsätzlich das Thema Frau abhandelnden Parabel? Aber Maria (intensiv, tänzerisch zu wenig gefordert: Luciana Mancini) ist angesichts des die Musik dominierenden Tangos wohl auch als Symbol dieses sich stets erneuernden Tanzes zu sehen. Diesen Aspekt hat die Regisseurin Juana Inés Cano Restrepo jedenfalls vor Augen.

Dennoch scheint sie sich bei ihrer Inszenierung nicht festlegen zu wollen, ob sie die unterschiedlichen Assoziationsfäden verstärken oder sie entwirren will, um daraus ihre Botschaft aus diesem Zweiakter zu kreieren. Originell ist jedenfalls ihr Ansatz, inmitten des Geschehens eine Art Verhandlung zu imaginieren, um so darüber nachzudenken, zu welchem Ergebnis ein Gericht angesichts dieses Femizids kommen könnte. Entsprechend erscheinen die beiden Erzähler, Duende (souverän Daniel Bonilla-Torres) und Payador (mäßig strahlend Jorge Espino), in Talaren von Richter und Staatsanwalt. Allerdings, auch diese Idee bleibt letztlich zögerlich-skizzenhaft.

Das eigentliche Ereignis dieser meist stilecht im Ambiente einer Tango-Bar (Anna Schöttl) spielenden Produktion ist ohnedies die instrumentale Seite. Die hätte man sich gar nicht zündender, farbiger und spannender vorstellen können, wie es die aus dem Akkordeonisten Christian Bakanic, dem Violine- und Mandola-Virtuosen Klemens Bittmann, dem Kontrabassisten und Percussionisten Eddie Luis und dem Pianisten Andrés Añazco bestehende Formation „folksmilch“ hinreißend vorzeigte.

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