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Eine Ausstellung in Prag erinnert an die vierhundertjährige Zugehörigkeit zu den Ländern der Wenzelskrone.

Schon der Titel der Schau in der Prager Waldstein-Reitschule dürfte bei den meisten Österreichern Verwunderung hervorrufen: Schlesien - Perle der böhmischen Krone. Wenn ihnen Schlesien überhaupt ein Begriff ist, denken sie an das Jahr 1945, als die Deutschen vertrieben wurden und das Land polnisch wurde. Und die wenigen, die weiter zurückblicken, haben in der Schule gelernt, dass Schlesien in den Kriegen Maria Theresias gegen Friedrich II. Österreich abhanden kam und nicht Böhmen.

Doch auch den Tschechen ist die Gemeinsamkeit mit Schlesien, die immerhin von 1327 bis 1742 währte, weitgehend entschwunden. Nur im Nordosten Tschechiens haben sich Relikte wie eine eigenständige Schlesische Evangelische Kirche oder das Schlesische Theater in Troppau (Opava), der Hauptstadt des österreichischen Restschlesien, erhalten. Folgerichtig hat der Landeshauptmann des heutigen Mährisch-Schlesischen Kreises die Schirmherrschaft über die Ausstellung übernommen.

Selbst der Horizont der tschechischen Kunsthistoriker habe oft nur bis zum Riesengebirge gereicht, vermerkte Kurator Vít Vlnas bei der Pressekonferenz. Das hat sich mit dem Ausstellungsprojekt freilich geändert, denn die dreijährige Vorbereitung hat die drei Veranstalter, die Tschechische Nationalgalerie, die Universität Breslau und das Museum in Liegnitz, nachhaltig zusammengeführt.

In Breslau, von wo die Initiative ausgegangen war, fand auch ein großer wissenschaftlicher Kongress statt, dem ein zweiter zum Abschluss der Schau in Prag folgen wird. Das Projekt ist auch eine erste Frucht des EU-Beitritts von Polen und Tschechien, denn ohne die Subvention des EU-Fonds Culture 2000 wären die Restaurierung und der Transport der teilweise riesigen Gemälde und Plastiken - im Vorjahr nach Legnica und jetzt nach Prag - nicht zu finanzieren gewesen. Von großzügigem Sponsoring profitieren auch die Käufer des in vier Versionen, darunter einer deutschen, erschienenen Katalogs, der bei 560 opulent bebilderten Seiten nur rund 25 Euro kostet.

Die Ausstellung, zu der wertvolle Grundlagenarbeit auch an der Universität Leipzig geleistet wurde, gliedert sich übersichtlich in drei Bereiche, die zugleich die Brüche in den böhmisch-schlesischen Beziehungen markieren. Denn auf das Goldene Zeitalter der Luxemburger folgte die Hussitische Revolution, die in Schlesien auf keine Gegenliebe stieß und eine Umorientierung von Prag nach Krakau zur Folge hatte, und auf den Glanz des rudolfinischen Prag der verheerende Dreißigjährige Krieg. Umso intensiver entfaltete sich danach die barocke Pracht der Klöster und Paläste.

Schlesien war so wie Böhmen eine Kunstlandschaft durchaus eigener Prägung, zugleich aber waren beide Länder eingebunden in den europäischen Kontext. So vermittelte Schlesien östliche Ikonenmalerei nach Böhmen und der von Böhmen zur Zeit Karls IV. nach Schlesien weitergereichte "italienische Stil" wurde dort als "böhmischer Stil" rezipiert. Wie intensiv die Wechselwirkungen waren, weisen die teilweise erstmals gezeigten Objekte von 60 Leihgebern überzeugend nach, und Vít Vlnas übertreibt nicht, wenn er im Hinblick auf das lang verdrängte Thema von einer "epochalen und grandiosen" Ausstellung spricht.

Schlesien

Perle der böhmischen Krone

Prag, Valdštejnská jízdárna

(Metrostation Malostranská).

Bis 8. 4. Di-So 10-18 Uhr.

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