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Der Luxemburger im Hradschin

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Der Luxemburger Karl wurde in Prag geboren. Seine Mutter war die Przemysliden-Prinzessin Elisabeth, sein Vater der „wahre“ Luxemburger Johann, Sohn des Kaisers Heinrichs VII. Die damals einflußreichsten Königsmacher im Heiligen Reich, die Erzbischöfe von Trier - Balduin - und Mainz - Peter von Aspelt-, hatten Heinrichs Wahl zum Kaiser, dann die Heirat des Kaisersohnes Johann mit Elisabeth von Böhmen arrangiert, womit Böhmen in die Hand der kaiserli-

chen Familie gelangte. 1316 wurde Wenzel geboren, der sich dann Karl nannte.

Vater Johann zerstritt sich bald mit seiner Frau, nahm ihr den Sohn weg und schickte ihn an den Pariser Hof zu Verwandten, wo er - nun Karl genannt - westeuropäische Erziehung erhielt. Auch seine Vorfahren inT^rag hatten deutsche Kultur am Hof geschätzt, Minnesänger herangezogen. Wenzel II. hatte deutsch gedichtet. Als Karl später heimkehrte, hatte er das Tschechische fast vergessen. Mit dem Vater machte der Kronprinz -nun Markgraf von Mähren - manchen Kriegszug mit, besuchte den Papst in Avignon, der 1344 Prag zum Erzbistum erhob. Seit 1346 war er in Böhmen König; 1347 zum Kaiser gewählt, nahm er die Beifügung „der Vierte“ an und schloß damit an die Tradition der Karolinger an.

Zum Unterschied von Johann waltete er als sparsamer Hausvater über seinem Land. Er gründete in Prag die erste Universität Mitteleuropas - die seinem Schwiegersohn Rudolf zum Vorbild für dieWiener wurde -, er erbaute für die Kaiserkleinodien die Festung Karlstein. Er gründete viele Städte, darunter Karlsbad, und reist 1354 nach Rom zur Kaiserkrönung.

Um dem in die Stadt ziehenden Volk abseits der Altstadt Aufnahme zu geben, gründete er die Neustadt von Prag, versah sie mit Pfarren und Klöstern und ließ am Zusammenfluß von Moldau und Elbe Wein pflanzen.

Karl kümmerte sich mehr um Böhmen und seine Kronländer als um Deutschland selbst. Aber er sorgte für Ordnung bei den Kaiserwahlen mit der Goldenen Bulle, in der er die Rechte und Pflichten der Kurfürsten festlegte, wodurch er seinem Sohn Wenzel die Kaiserkrone zu sichern suchte. Er umgab sich mit gelehrten Männern wie dem Erzbischof von Pardubitz. Petrarca und Rienzo weilten an seinem Hof. Seine Kanzlei reformierte

che deutsche und die lateinische Sprache. Er holte sich Baumeister aus Arras und Schwäbisch-Gmünd, um von ihnen den Veitsdom und die Karlsbrücke bauen zu lassen und das Augustinerkloster Karlshof. Mit vier Frauen war ihm jeweils nur ein kurzes Eheglück beschert.

Karls Politik war auf die Abrun-dung und Absicherung seiner Hausmacht gerichtet. Er erwarb Schlesien, die Lausitz und die Mark Brandenburg. Er schloß mit den Habsburgern in Österreich einen

Erbvertrag, durch den später die böhmische Masse an Österreich fallen sollte. Er ließ sich zum König von Burgund krönen, überließ aber die Regentschaft dem französischen Thronfolger.

Als Karl IV., dessen Bild Peter Parier im Veitsdom verewigt hat, am 29. November 1378 starb, ging die hervorragendste Epoche Böhmens im Mittelalter zu Ende. Nie wieder erreichte Prag diese Bedeutung für Mitteleuropa wie unter diesem Luxemburger. Sein Nachfolger Wenzel war kein „Kirchenfürst“, er vernachlässigte den Kontakt zum Papst konnte auch das Schisma nicht verhindern. Er wurde als Kaiser abgewählt. Die Aufstände der Hussiten stürzten das Land in schwere Krisen. 1620 besiegelte die Schlacht am Weißen Berg Böhmens Schicksal.

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