Bismarck - © Foto: picturedesk.com / Ullstein Bild

Proklamierung des Deutschen Kaiserreiches: Von Sedan nach Versailles

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Das Deutsche Reich wurde im Deutsch-Französischen Krieg im Feldlager vor Paris gegründet und am 18. Jänner 1871 proklamiert. Der Preußenkönig Wilhelm hatte Schwierigkeiten mit seinem Kaisertitel – und Streit mit Bismarck.

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Das Deutsche Reich wurde im Deutsch-Französischen Krieg im Feldlager vor Paris gegründet und am 18. Jänner 1871 proklamiert. Der Preußenkönig Wilhelm hatte Schwierigkeiten mit seinem Kaisertitel – und Streit mit Bismarck.

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Im Deutsch-Französischen Krieg traten im Juli 1870 drei Armeen zum Angriff am Rhein an, geführt von Generalstabschef Helmuth von Moltke, ab 1870 Graf, ab 1871 Generalfeldmarschall. Ziel war die Eroberung von Paris. Die Gesamtstärke der deutschen Streitkräfte betrug nahezu eine Million Mann – Frankreich hatte etwa 600.000 Mann entgegenzusetzen. Zwar war das Chassepotgewehr dem Dreyse-Zündnadelgewehr ebenbürtig, doch waren deutsche Artillerie und Kavallerie weit überlegen. Die Mitrailleuse, eine Vorform des Maschinengewehrs, war noch ungenügend entwickelt. Die französische Südarmee wurde zum Rückzug gezwungen, die nördliche nach einer Reihe von Niederlagen im Festungsraum Metz eingeschlossen. Die blutigste Schlacht fand am 18. August bei Gravelotte und Saint Privat statt. Die Verlustziffern: 20.000 Deutsche, 13.000 Franzosen. Das 2014 eröffnete Musée de la Guerre de 1870 et de l’Annexion erinnert kritisch an diesen mörderischen Kampf. Die Südarmee wurde beim Versuch, Metz zu entsetzen, in die Ardennen gedrängt und bei Sedan am 2. September zur Kapitulation gezwungen: 39 Generäle, über 2300 Offiziere, 83.000 Mann (während der Schlacht schon 20.000) kamen in Kriegsgefangenschaft, 419 Feld- und 139 Festungsgeschütze wurden erbeutet. Der Sedan-Tag wurde fortan quasi als Nationalfeiertag des Deutschen Reichs pompös begangen.

Angriff auf Paris

Der kranke Napoleon III., dem militärische Führungsqualitäten fehlten, übergab seinen Degen und wurde als Kriegsgefangener „ab nach Kassel“, nach Schloss Wilhelmshöhe gebracht. In Paris wurde am 4. September die Dritte Republik als Regierung der nationalen Verteidigung ausgerufen. Straßburg fiel am 27. September, Metz kapitulierte am 27. Oktober (6000 Offiziere, 187.000 Mann). Durch Operationen an der Loire und in Nordfrankreich wurde Paris eingeschlossen, der französische Versuch, das Armeekorps Bourbaki in Burgund zu formieren, schlug fehl. Das bittere Schicksal dieser in die Schweiz übergetretenen Truppen, viele aus Nordafrika, hält zeitnah das Panorama in Luzern (1881) fest. Es zeigt nicht militärischen Triumph, sondern das Elend einer geschlagenen Armee in Winterkälte und Hunger. Die Einschließung von Paris sollte durch Aushungern die Übergabe erzwingen; die französische Regierung wurde nach Tours, dann nach Bordeaux verlegt.

Das deutsche Hauptquartier wurde in Versailles eingerichtet. Teile des Schlosses dienten als Lazarett, König Wilhelm wurde mit seinem Eisenbett soldatisch in der Präfektur einquartiert. Am Heiligen Abend befahl der Monarch seinem Artilleriechef Prinz Kraft zu Hohenlohe-Ingelfingen die Beschießung von Paris: „Machen Sie Feuer dahinter, daß es knallt“, um den „souveränen Pariser Pöbel Mores zu lehren“. Die Reichsverfassung wurde zwischen Norddeutschem Bund und den süddeutschen Staaten vereinbart, am 1. Jänner 1871: „Dieser Bund wird den Namen Deutsches Reich führen […] Das Präsidium des Bundes steht dem Könige von Preußen zu, welcher den Namen Deutscher Kaiser führt.“

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