Wem gehören die Schiele-Bilder?

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Das Vorgehen der US-Behörden entfacht Diskussionen über Leihgaben und Kunsthandel.

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Das Vorgehen der US-Behörden entfacht Diskussionen über Leihgaben und Kunsthandel.

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Ein reiner Willkürakt!" So sieht Klaus Albrecht Schröder, kaufmännischer Leiter der Leopold-Stiftung, die Beschlagnahme zweier Schiele-Bilder in New York. Mit "Willkür" meint er nicht die behaupteten Erbansprüche, sondern die Vorgangsweise der New Yorker Behörden. Die Konsequenz liegt für Kunstsammler Rudolf Leopold auf der Hand: "In den USA nicht so bald wieder Bilder ausstellen."

Nur in den USA nicht? Theoretisch kann etwas Ähnliches überall geschehen. "Aufgrund einer gerichtlichen Verfügung könnte auch in Österreich ein Bild beschlagnahmt werden, wenn am Eigentum Zweifel bestehen", so die Wiener Sicherheitsdirektion. In der Praxis werde aber "sicher vorsichtiger vorgegangen". Muß jeder Besitzer von historischen Kunstgegenständen um seine Schätze bangen? Ist es sicherer, sie im Safe einzusperren, als sie bei Ausstellungen neugierigen Blicken auszusetzen? Das wäre das Ende der großen Ausstellungs-Highlights, die Tausende Besucher ins Museum locken. Und die ohne Leihgaben aus aller Welt nicht möglich wären.

Tatsache ist: Gerade bei alten Kunstwerken läßt sich die Reihe der Vorbesitzer oft nicht lückenlos zurückverfolgen. "Daher ist in Österreich - wie in den anderen EU-Ländern auch - der sogenannte gutgläubige Erwerb rechtlich geschützt", erkklärt Klaus Albrecht Schröder. Das bedeutet vor allem: Wer von einem befugten Kunsthändler oder in einer öffentlichen Versteigerung kauft, darf darauf vertrauen, daß mit dem Kunstgegenstand "alles in Ordnung ist". Sein Eigentumsrecht ist vor Ansprüchen Dritter geschützt.

Riskanter ist es, ein Sammlerstück privat zu kaufen: In diesem Fall sollte man sich davon überzeugen, daß der Vorbesitzer den Gegenstand seinerzeit rechtmäßig erworben hat. Läßt sich das nicht mehr nachweisen, sollte man auf den Kauf besser verzichten. Sonst ist man den Kunstschatz vielleicht eines Tages wieder los, wenn irgendjemand beweist, daß ihm oder seinen Vorfahren genau dieses Ding vor Jahrzehnten gestohlen wurde. Der Käufer kann dann nur mehr eines tun: sich mit dem Verkäufer um die Rückahlung des Kaufpreises streiten.

Tatsache ist aber auch: Wer seine Kunstschätze ins Ausland verleiht, setzt sie dem Zugriff der ausländischen Behörden aus - unabhängig von der Rechtslage. Auch im Staat New York gibt es ein Gesetz, das den "gutgläubigen Erwerb" rechtlich schützt; darüber hinaus ein weiteres, das verbietet, für Ausstellungen verliehene Kunstgegenstände zu beschlagnahmen. Trotzdem: Die Beschlagnahme der beiden Bilder wurde vorgenommen, obwohl die Stiftung Leopold von Anfang an mit einer Überprüfung der Ansprüche durch unabhängige Experten einverstanden war. Der Schaden trifft jedenfalls die Stiftung als Leihgeber - gleichgültig, wie der Rechtssreit später ausgehen wird.

Übrigens: Kunstschätze sind auf ihre Reise rund um die Welt zwar hoch versichert, bei Beschlagnahme zahlt die Versicherung aber keinen Groschen. "Das ist laut Versicherungsbedingungen ausdrücklich ausgeschlossen", sagt Klaus Albrecht Schröder.

Bleibt nur zu hoffen, daß das New Yorker Beispiel keine Schule macht.

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