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Kleine fordern

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Kleine Landwirtschaftsbetriebe gehen sorgsamer mit den natiirlichen Ressourcen um, schonen daher die Umwelt bes-ser, bieten aber auch mehr Menschen eine wirtschaftliche Basis. Das UN-Entwicklungs-programm tritt fiir eine Forcie-rung kleiner Agrarbetriebe ein.

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Kleine Landwirtschaftsbetriebe gehen sorgsamer mit den natiirlichen Ressourcen um, schonen daher die Umwelt bes-ser, bieten aber auch mehr Menschen eine wirtschaftliche Basis. Das UN-Entwicklungs-programm tritt fiir eine Forcie-rung kleiner Agrarbetriebe ein.

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Das landwirtschaftliche Unter -nehmer effizienter mit ihren Ressourcen umgehen als die GroBbetriebe, hat eine hinlanglich bekannte politische Implikation: Demnach kann eine Agrarentwick-lungsstrategie, die bevorzugt die klei-neren anstelle der groBen Landwirtschaftsbetriebe fordert, sowohl den Zielen des Wachstums als auch der Verteilung dienlich sein.

Zahlen aus so unterschiedlichen Landern wie Brasilien und Indien be-weisen eine umgekehrte Relation zwischen der GroBe eines Betriebes ei-nerseits und seiner Produktivitat und dem Faktor Arbeit pro Einheit Grundflache andererseits. Eine in Nordost-Brasilien durchgefiihrte Stu-die zeigte, daB bis zu zehn Hektar grofie Betriebe Ertrage im Wert von 85 Dollar pro Hektar erwirtschaften, wogegen die groBten; das heiBt, die iiber 500 Hektar groBen Betriebe eine Bruttoproduktion von lediglich zwei Dollar pro Hektar Grundflache vor-weisen konnten. Einer UntersuchuAg in Indien zufolge brachten bis zu fiinf

Ar groBe Betriebe 737 Bupien pro Ar hervor, wogegen die mehr als 25 Ar groBen Anwesen lediglich 346 Bupien pro Ar erzielten. Das entscheiden-de Moment bei dieser umgekehrten Relation ist die Funktionsweise der Faktormarkte, besonders der Arbeits-markte in den landlichen Gebieten. Die wichtigsten Griinde fiir dieses Verhaltnis sind:

■ Die Intensitat der Bodennutzung: Je groBer die Betriebsflache, desto gerin-ger ist der Anteil der produktiv ge-nutzten Flachen.

■ Die Arbeitsintensitat: Zwischen der BetriebsgroBe und dem pro Flacheneinheit eingesetzten Arbeits-aufwand besteht ein umgekehrtes Verhaltnis.

Die Kleinbauern haben dank mit-arbeitender Familienangehoriger niedrige Lohnkosten, wahrend ihnen gleichzeitig fiir Boden und Kapital vergleichsweise hohe Kosten entste-hen; GroBbauern hingegen haben hohere Kosten fiir Fremdarbeiter kombiniert mit vergleichsweise nied-rigen Kosten fiir Boden und Kapital.

Aufgrund dieser Differenzen bei re-lativen Faktorpreisen stecken Kleinbauern weit mehr Arbeit in die Pro-duktion als GroBlandwirte. Diese be-trachten ihren Grund und Boden hingegen als eine vergleichsweise reich-lich vorhandene Bessource und setzen stattMenschen Maschinen ein.

Kleinbauern konnen sogar noch pro-duktiver sein, wenn sie Boden oder Rre-dite zu verniinftigen Kosten bekamen. Um ordentliche Ertragszuwachse zu er-zielen, ist ihr Bedarf an zusatzlichen fi-

nanziellen Mitteln relativ gering.

Demgegeniiber benotigen groBere Betriebe auch groBe Kapitalmengen, wollen sie mit maschineller Technologic vergleichbare Produktionszu-wachse erreichen. Da Kapital aber ein knappes Gut ist, bleibt dieser Ansatz eine aus sozialer Sicht uneffiziente Alternative zur Steigerung der land-wirtschaftlichen Erzeugung.

Die Struktur des Grundbesitzes muB in vie-len Landern gedndert werden

In manchen Landern setzt eine auf kleinbauerliche Betriebe zielende Strategie allerdings eine durchgrei-fende Anderung der Grundbesitz-strukturen voraus. Aufgrund der ein-

seitigen Verteilung des privaten Grundbesitzes auf die GroBgrundbe-sitzer bestehen derzeit keinerlei Aus-sichten, durch die Beeinflussung von Preisen oder durch Steuern den Klein-grundbesitzern zu mehr Land zu ver-helfen.

Wenn Grund und Boden von den groBen zu den kleineren Anwesen umverteilt wiirde, konnten nicht nur die Zahl familiarer Arbeitskrafte pro Hektar drastisch ansteigen, sondern auch die der Fremdarbeitskrafte. AuBerdem ziehen die NutznieBer von Landreformen Familienmitglieder, die bis dahin auf dem allgemeinen Ar-beitsmarkt beschaftigt waren, haufig von diesem ab und beschaftigen sie nun auf dem eigenen Land.

Beides verbessert die Beschafti-

gungslage letztlich auch fiir diejeni-gen, die nach einer Landreform ohne Grundbesitz geblieben sind.

Der wichtigste SchluB ist wohl der: Eine verstarkt auf die kleineren als auf die groBeren Betriebe zielende Agrarentwicklungsstrategie mehrt die soziale Effizienz der Ressourcen-nutzung in der Landwirtschaft. Zu-dem verbessert sie durch die Schaf-fung neuer Arbeitsplatze und die aus-gewogenere Verteilung der von den kleineren Anwesen erzielten Einkom-men auch die soziale Gleichheit.

und (Entwicklungsprogramm der Ver-einten Nationen): Berichl iiber mensch-liche Entwicklung 1996. Einen zusam-menfassenden Uberblick iiber die Wohhtandsentwicklung der Welt siehe

DieFurche 30/l996

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