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Die Kirche wird im Bewufitsein weiter Kreise der Arbeiterschaft vielleicht noch eine Zeitlang, wenn auch jnif Uurechu.it;dem Jeufalwpiifti KapltaltsniHSti-aeMziiert uttd- ’-sogar ■identiftzifjrtiWfiralen,;,Sie bstint noch auf lange hinaus bei Millioheh Menschen mit dem Kolonialismus in Verbindtmg gebracht. Der harte oder saitfte Druck, dir auf die Heiden- volker ausgeiibt wurde. urn sie zu Christen zu machen, ob es sich um

Zwangsbekehrungen' oder um die Ver-, quickung von Aufstiegsmbglichkeiten mit der Bekehrung gehandelt hat, rdcht Mhfa noch einige Jahrzehnte dauern, daft man der Mission mit MiPtrauen be- geguet. In dieser Zeit nicht zu schla- fen, scheint eine der wichtigsten Aufgaben. Der Rausch der Europiiisie- rung, Technisierung und des wirt- schaftlichen Nachziehverfahrens in den ehemaligen Kolonialldndern ist ein letzter Sieg europaischen Ein- flusses, doch wird mit der Erfiillung aller Wunsche auf diesen Gebieten allmahlich ein Vakuum entstehen. Die heute immer mehr europaisierten An- gehdrigen der Kulturen Afrikas und Asiens werden dann ein vertieftes In- teresse an ihren eigenen grofien Tra- ditionen spiiren. Der Missiondr, der ihnen das Christentum vermitteln will, wird vielleicht damit anfangen miis- sen, ihnen ihre eigene Uberlieferung wiederaufzuschliefien.

Die Stifte und Kloster, die in vergangenen Jahrhunderten den Aufgaben der Zeit den Buchstaben ihrer Regel geopfert haben, konnten auch heute einen grofien Beitrag zur Lasting dieser Probleme leisten, wenn sie ihre raumlichen und materiellen Moglich- keiten diesem Ziel zur Verfiigung stellten. Vielleicht konnten in man- chen Stiffen und Kidstern Studien- zentren der grofien Kulturen Asiens und des Islams entstehen, mindestens in der Weise, dafi Studienwilligen Gastfreundschaft, Bucher und Behelfe zur Verfiigung gestellt werden. Wer weifi, ob nicht damit auch der Nach- wuchs dieser Kloster gefdrdert wurde? Auf jeden Fall wtirde so fiir die Katholizitdt der Kirche ein wirksames Zeugnis abgelegt werden.

Auch ware Wohl bei der Ausbil- dung der eigentlichen Missionare dar- auf zu achten, dafi sie schon im Alter, in dem sie das Kleine Seminar besuchen, die Sprache und Kultur des Landes, fiir das sie sich interessieren, zu studieren Gelegenheit haben, einen Teil der Mittelschulstudien im spiite- ren Missionsland ablegen usw. Auch wenn es nicht gelingen sollte, dutch die beschriebene Tatigkeit der Stifte und dutch Missionare, die wirklich die Sprache und Kultur der Missionslander kennen, das Christentum den Kultur- volkern des Ostens naherzubringen, ware die Miihe des Studiums nicht umsonst: der Integration der Welt- kulturen in das Christentum ware vor- gearbeitet.

Das Konzil wird vielleicht Grund- lagen fiir die spat ere Wiederveremi- gung schaffen. Um die Kirche des Alten Bundes zur Zeit Christi scharten sich die sogenannten Gottesfiirchtigen, die mit ihr in einer losen Verbindung standee. Gerade ihren '•Glaubett hat Christus bewuhdert. Wir hbffe'n, d&fi t1 eines der Resultate' des Konit’dah'ki bestehen wird, dafi die gottesfiirchti- gen Menschen aller Religionen und alle moralisch lebeitdigen Menschen mit der Kirche zusammen ait den grofien Aufgaben arbeiten werden, die ohne Verleugnung irgendeines Prin- zips gemeinsam gelost werden konnen.

Hatte das Konzil nach dem zweiten Weltkrieg zu tagen begonnen, so ware zweifellos die Versohnung der ehe- maligen Feinde eines der grofien Ziele gewesen. Inzwischen haben wir uns die Bemuhung um den Frieden von den Kommunisten stehlen und verfalschen lassen. Das Friedenskorps fiir die unterentwickelten Lander ist ebenfalls eine Aufgabe, die zwar von einem katholischen Priisideitten lanciert, die aber viel richtiger von der universel- len Kirche ihren Jugendbewegungen hatte auferlegt werden sollen, natiir- lich in Zusammenarbeit mit alien Nichtkatholiken, die dazu bereit sind. In die gleiche Richtung weist die Idee, die Abstinenz direkt den Hun- gernden nutzbar zu machen, die Fastenzeit zu aktiver Hilfe fiir die unterprivilegierten Menschen dieser Zeit zu gestalten, wozu es in Deutschland und Osterreich schon nach- ahmenswerte Ansdtze gibt.

Es ist erfreulich, dafi heute ein starkes Bediirfnis nach einem nicht nur symbolischen, sondern wirklichen Ausdruck der Solidaritat zu spiiren ist. Die Fastenopfer fiir die Hungern- den in der Welt, das Verstandnis da- fur, dafi auch der Fernste unser Ndch- ster geworden ist, wenn wir von seiner Not durch Rundfunk, Fernsehen und Film erfahren, die Ansdtze zu einer iibernationalen Caritas, die nicht nach der Religion des Hilfsbediirfti- gen fragt, die Bereitschaft, die iiber- seeischen Studenten, die bei uns leben, nicht geistig oder religids zu vergewaltigen, sondern zu Partnern des Aufbaues einer gemeinsamen Kultur zu machen — all das sind Ansdtze, denen freilich gefahrliche Krafte ent- gegenstehen, die das Trennende be- tonen, die Wahrheit in Gettos ein- sverreit und so beschiitzen mbchten. Trotzdem bleibt aufrecht. dafi nicht nur alles Katholische wahr, sondern alles Wahre katholisch ist.

(Leopold Ungar in ,,Wort und Wahrheit")

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