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PAUL SCHWARZKOPF/INDUSTRIELLER UNO LEHRER

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Mehr als einst, da man sich auf die Erfahrung verlassen mußte, muß sich der Industrielle heute auf ein Team hochqualifizierter Forscher verlassen können und womöglich selbst Forscher sein. „Unsere Zeit ist auf Wissenschaft aufgebaut und wird es bleiben“, hat Baurat Dr.-lng. Paul Schwarzkopf, der Chef des Metallwerkes Plansee, einmal geschrieben. Und: „Das Streben nach einem höheren Bildungsniveau wird trotz der vielen Klagen, die wir heute über den Niedergang von Bildung und Kultur hören, immer weiter verbreitet werden.“

Dr. Schwarzkopf ist seit 1910 auf dem Gebiete der Pulvermetallurgie tätig, hat aber erst 30 Jahre später begonnen, wissenschaftliche Werke zu veröffentlichen. Sein Lehrbuch „Powder Metallurgy“ von 1948 hat Furore gemacht. Und heute dankt die Wissenschaft für die jahrzehntelang zurückliegende Arbeit: Auf einer Tagung der Universität von Notre-Dame (USA) wurde über ein Schwarzkopfsches Patent aus dem Jahre 1912 diskutiert und bestätigt, daß dieses die ersten Samen der modernen Sintertheorien enthält! Die Heimat Schwarzkopfs ist Prag, wo er am 13. April 1886 geboren wurde, wo er zum Dr.-lng. promovierte. 1921 hat er in Reime in Tirol das Metallwerk gegründet, dem schon vor dem letzten Krieg eine Reihe ausländischer Forschungslaboratorien und Fabriken zugeordnet wurden. 1938 mußte Schwarzkopf seine Heimat verlassen. Die Zeit der Emigration in den USA war nicht leicht. Trotzdem hat er in zwei Erinnerungsbüchern mit Lächeln diese Zeit zu schildern gewußt. 1945 wieder in Österreich, übernahm er das Werk und machte aus ihm ein „Mekka der Pulvermetallurgie“.

Um den Zweig der Pulvermetallurgie zu entwickeln, war es nötig, Lücken im Wissen des Ingenieurs auszufüllen. Außer seinen verschiedenen Veröffentlichungen gründete Doktor Schwarzkopf ein Seminar' an der New York University, für das er die Mitarbeit führender Wissenschaftler gewann; er unterstützte Forschungsarbeiten dieser und anderer Hochschulen und brachte die Zeitschrift „Powder Metallurgy Bulletin“ heraus, die erste, die ausschließlich einem Gebiet gewidmet war. Zwei Ziele verfolgte er damit: zunächst, daß die Pulvermetallurgie als Wissenschaft akzeptiert wurde, dann, einen Markt für pulvermetallurgische Produkte zu schaffen und besonders die Ingenieure zu veranlassen, gesinterte Teile in den Konstruktionen ihrer Maschinen zu verwenden. So kam es zur Herausgabe der „Planseeberichte für Pulvermetallurgie“, der europäischen Schwesterzeitschrift des „Powder Metallurgy Bulletin“. Mit der Seminaridee hat Dr. Schwarzkopf das Schwergewicht seiner werbenden und lehrenden Tätigkeit nach Österreich verlegt; das Labor des Metallwerkes Plansee wurde zu einem der bestausgestatteten der Welt.

Die Internationalen Seminare im Planseewerk, aus denen bereits 30 Doktorarbeiten hervorgingen, zeugen von der Initiative des Industriellen und zugleich pädagogisch Interessierten, der mit dem neuen Privatrealgymnasium und der in Österreich einmaligen Schöpfung, einer Realschule mit Ausbildungsrichtung in Metallurgie und Werkzeugherstellung, weithin über die Grenzen Österreichs von sich reden machte. Dieser Mann, der gewohnt ist, in den strengen Formeln der Chemie zu leben, besitzt eine ausgezeichnete Bibliothek und eine Kunstsammlung, schätzt die Wiener Museen, in denen er ausländischen Freunden mit Vorliebe selbst den Führer macht.

Tirol hat Dr.-lng. Schwarzkopf die höchste Auszeichnung, das Goldene Ehrenzeichen, verliehen und sich neben der wissenschaftlichen und pädagogischen Leistung sehr wohl des einstigen Reserveoffiziers der k. u. k. Armee entsonnen, der Tirol mitverteidigen half. Jüngst hat die Universität Innsbruck dem Industriellen das Doktordiplom feierlich erneuert und ihm die Würde eines Honorarprofessors verliehen.

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