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Und in der Rarteispitze?

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All dies mögen Randprobiieme sein. Hauptkriegsschauplatz wurde das Zentralkomitee der KPTsch mit seinen 190 Vollmitgliedern, mehr noch das 21köpflge ZK-Präsidium, das Sekretariat des ZK und der im November 1968 neu geschaffene acht-köpflge Vollzugsausschuß des Präsidiums der KPTsch. Hier in der Parteispitze ist nicht nur eine von Dubcek und von den Sowjets mühsame aufrechterhaltene Parität sichtbar, die aus der zusammengeschmolzenen Duböek-Gruppe (Duböek, Svoboda, Smrkovsky, SpaSek), einer sehr starken Gruppe von ,3ealisten“ (etwa Cernik, Husak, Strougal), aber auch aus einer nicht zu unterschätzenden Gruppe klarer Dubcek- und Demokratisierungsgegnern besteht, die im Frühjahr und Sommer 1968, vielfach von den eigenen Landsleuten als „Verräter“ apostrophiert oder mit größtem Mißtrauen behandelt wurden, wie der Ukrainer Vaßil Bilak (der heute im Präsidium, im Vollzugsausschuß und im Sekretariat sitzt), Jan Piller oder Alois Indra. Gerade hier, im ZK, im Sekretariat und im Parteipräsidium, erfolgte das ganze Jahr 1968 hindurch das stärkste Tauziehen. Der auf sowjetischen Wunsch immer wieder verschobene Parteitag, der natürlich Neuwahlen und Umbesetzungen mit sich gebracht hätte, muß ausschließlich unter diesem Gesichtspunkt verstanden werden. Noch im Mai 1968 rechnete man damit, daß in einem solchen Falle die rund 40 Nowotny-Anhänger aus dem ZK verschwunden wären. Im Herbst ging die umgekehrte Welle vor sich: So soll der Erste Parteisekretär Mährens, Josef Spaiek, der Nachfolger Hendrychs als Ideologe der Partei geworden war, am 19. September 1968 seine Mitgliedschaft im Parteipräsidium niedergelegt haben, in dessen Gremium er allerdings gegenwärtig wieder aufscheint. Ausgeschieden aus dem Parteipräsidium äst der schon erwähnte Dr. Frantisek Kriegl. Nur noch Präsident des tschechischen Nationalrates ist Cestimif Cisaf.

Durch die Eöderalisierung etwas verdeckt wurde die Tatsache, daß auch die prominentesten Mitglieder der Regierung Cernik entfernt wurden, vor allem Außenminister Jifi Häjek, der in die vorderste Front der Moskaufeinde geraten war und den man zu Unrecht als Juden beschimpfte, ferner der zweitwichtigste Mann, der Innenminister Dr. Josef Pavel, der ebenfalls auf starken sowjetischen Druck hin entfernt wurde. Das schrittweise Zurückdrängen Josef Smrkovskys, dessen Funktion im parlamentarischen Bereich dürftig geworden ist, würde ein eigenes Kapitel füllen. Wenn auch bei der Neubesetzung der Führungsposten in der Regierung, bei der Presse, in Fernsehen und Rundfunk die alten, im Frühjähr 1968 entfernten Mäftnerfntcht •mehr t zurückkehren koaniteri, und überwiegend Kompromißkandidaten gewählt wurden, so sind in der Parteispitze selbst die Männer des alten Führungsteams Novotnys stark. So sieht man heute die etwas paradoxe Situation, daß der Erste Parteisekretär Dubcek dn den obersten Parteigremien überwiegend von Männern umgeben ist, die seinen Weg weder bejahten noch ihn heute gutheißen.

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