Der Erholungsort fließt, das Badewasser steht

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In Wien prägt die Donau nicht nur das Stadtbild, sondern ist Naherholungsgebiet und Baderaum - zum Teil. Badetauglich sind die Alte und Neue Donau, der Kanal auf eigene Gefahr.

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In Wien prägt die Donau nicht nur das Stadtbild, sondern ist Naherholungsgebiet und Baderaum - zum Teil. Badetauglich sind die Alte und Neue Donau, der Kanal auf eigene Gefahr.

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Als wäre die Donau aufgrund der Hitze ausgetrocknet und im Nationalpark Donau-Auen vollkommen verschwunden: So zeigte sich der Fluss vergangene Woche stromabwärts der Südosttangente - auf Google Maps. Natürlich ist sie bloß im Internet teilweise verschwunden, in Foren und Online-Medien hat die Sache aber für Aufregung gesorgt. Verständlicherweise, gerade in Wien prägt der Fluss nicht nur das Stadtbild, sondern ist beliebtes Erholungsgebiet und Badeort.

Jedoch: Was internationaler Verkehrsweg ist, kann nicht gleichzeitig auch Schwimmbecken sein - zumindest nicht offiziell. Baden ist in der Donau dort möglich, wo durch Regulierungsmaßnahmen Donauarme als stehende Gewässer abgetrennt wurden. So entstand die Alte Donau, als die Donau zum Hochwasserschutz von 1870 bis 1875 erstmals reguliert wurde. Noch rund 30 Jahre später war die Alte Donau als Industriegebiet und Hafen geplant, die Idee eines Badeortes kam erst mit Florian Berndl. Aus seinem an der Alten Donau gepachteten Grundstück, an dem er natürliche Sandoder Heubäder anbot, wurde 1907 das erste öffentliche Strandbad - das "Gänsehäufel". Berndl begründete damit die Badekultur am Alten Donaukanalarm.

Pflege und Pflanzen nötig

Damit Gewässer wie die Alte Donau als Badeorte erhalten bleiben, müssen ökologische Maßnahmen getroffen werden. Gerald Loew, Leiter der zuständigen Magistratsabteilung 45, betont die Herausforderung, einerseits die Gewässer zu erhalten und andererseits ihre Freizeitnutzung zu ermöglichen. Schlingpflanzen beispielsweise, sogenannte Makrophyten, werden von Badenden als unangenehm empfunden, wirken aber als biologische Filter und sorgen für klare Sicht. Mithilfe von Mähbooten werden die hochwüchsigen Pflanzen gekürzt. Sensible Bereiche wiederum müssen vor übermäßiger Nutzung bewahrt werden: "Jene Schilfbereiche, die wichtig sind für Jungtiere, schützen wir vor Badenden und Booten", sagt Loew. Zudem wird auch der Wasserspiegel jährlich gesenkt, damit mehr UV-Licht zum Boden gelangen kann, oder regelmäßig Wasser mit der Neuen Donau getauscht.

Diese wurde ab dem Jahr 1972 als Entlastungsgerinne zum Hochwasserschutz geschaffen. An ihrem Beginn ist ein Wehr, welches das Wasser staut. Im Normalfall ist es geschlossen, bei Hochwasser aber wird es geöffnet, die Donau dadurch entlastet und Überschwemmungen werden vermieden. In diesen Fällen ist in der Neuen Donau Badeverbot, wie beim großen Hochwasser im heurigen Juni: Mit dem Hochwasser flossen Fäkal- und andere Keime in die Neue Donau.

Offiziell nie badetauglich ist der Donaukanal - jener Fluss, der als Orientierungselement durch die Innenstadt fließt. Theoretisch sei das Baden möglich, sagt Donaukanalkoordinator Bernhard Engleder: "Verboten ist das Baden im Donaukanal nicht, auf eigene Gefahr ist es möglich." Die Wasserqualität im Donaukanal wird jedoch nicht so genau überprüft wie an den offiziellen Badeplätzen. "In der Alten Donau ziehen wir vierzehntätig an sieben Stellen Wasserproben, die in einem chemisch-physikalischen Verfahren untersucht werden", erklärt Gerald Loew. Jahreswerte davon sind auch online abrufbar. Trotz der starken Nutzung sei die Wasserqualität "gut" - für Loew erfreulich, denn "ausgezeichneten Wasserzustand haben nur Gebirgsseen."

Keine Angst vor trübem Donaukanal

Aus der Sicht Engleders ist aber selbst die Qualität des Donaukanals nicht schlecht: "Wer darin schwimmt, braucht sich keine Sorgen zu machen. Krank wird er nicht." Offiziell sei der Kanal für das Baden nicht geeignet, weil er nicht EU-Verordnungen entspricht: Die Sicherheitsauflagen könnten nicht eingehalten werden, es gebe einfach keinen offiziellen Badestrand.

Wichtig ist der Donaukanal ohnedies eher als Freizeit-und Erholungsraum. In seiner heutigen Form mit einer Länge von 17,3 Kilometern entstand auch er in der Zeit der ersten Donauregulierung ab dem Jahr 1870, Donaukanal genannt wurde der südwestliche Seitenarm der Donau jedoch schon 1686: Er war jener Handelsweg, an dem sich das wirtschaftliche Leben Wiens abspielte. Durch die Regulierung hat er diese Bedeutung verloren, es entstanden Wohngebiete und Verwaltungsgebäude. Ab 1975 hat man sich bemüht, den Donaukanal zu beleben, Radwege und Spielplätze anzulegen, Schifffahrten und Veranstaltungen haben begonnen.

Mit einem Masterplan begann die Stadt Wien in den Jahren 2008 bis 2010, für kommerzielle, kulturelle und ökologische Projekte Kriterien festzulegen. Für Steuerungsgruppenleiter Engleder war die Intention, "Wildwüchse zu planen":"Wir haben das Radfahren überall ermöglicht oder die Sicherheitsabstände bei Stiegen geregelt."

Der ökologischen Bedeutung des Donaukanals als Lebensraum für Flora und Fauna will die Stadt mit einem "Landschaftspflegerischen Entwicklungsplan" gerecht werden, der voraussichtlich im Herbst veröffentlicht wird. Der Donaukanal bleibt also ein Projekt, wenn auch keines zum Baden.

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