Elfie Semotan inspiriert von Roy Lichtenstein - © © Elfie Semotan, Courtesy: Studio Semotan und Galerie Gisela Capitain, Köln

Elfie Semotan: Bestimmt & bescheiden

19451960198020002020

Elfie Semotan wird 80. Das Kunst Haus Wien ehrt die österreichische Fotokünstlerin mit einer umfassenden Retrospektive.

19451960198020002020

Elfie Semotan wird 80. Das Kunst Haus Wien ehrt die österreichische Fotokünstlerin mit einer umfassenden Retrospektive.

Werbung
Werbung
Werbung

Die Presseführung ist vorbei, einige Journalisten stehen noch um Elfie Semotan. Sie weist auf ein kleineres Bild am Ende ihrer Ausstellung hin: „Schauen Sie, dieses Grün! Herrlich!“ Zu sehen ist ein Baum, mit vielen kleineren Ästen in unterschiedlichen Grün-Tönen. Schön, aber nicht gerade spektakulär. Doch die Fotografin gerät über dieses Werk geradewegs ins Schwärmen. 80 Jahre alt wird sie demnächst, die österreichische Fotokünstlerin, und eines hat sie gewiss nicht verloren: ihre Begeisterungsfähigkeit. Und ihre Natürlichkeit. Sage noch jemand, Menschen jenseits der 60 gehörten zum alten Eisen. Anlässlich ihres runden Geburtstags widmet das Kunst Haus Wien nun Elfie Semotan eine umfassende Retrospektive, mit dem Titel „Haltung und Pose“.

Man macht entweder Naturfotografie oder ­Werbefotografie. Beides geht nicht, so die Regel in unserer spezialisierten (Kunst-)Welt. Für Semotan gilt diese Regel allerdings nicht. Munter wechselt sie zwischen den Genres, was die Schau im Kunst Haus unterstreicht. Gleich im Eingangsbereich ein großes farbiges Madonnenbild, ­daneben eine kleine ­Schwarzweißaufnahme von Louise Bourgeois, wieder daneben ein Foto von ­übereinander gestapelten Paletten. Inszenierte Kunstgeschichte, Porträt, Stillleben. Hier kommt zusammen, was üblicherweise streng getrennt wird. Nicht die geordnete Abfolge zählt, sondern der visuelle Eindruck.

Ältere Leser mögen sich noch an die einstigen Werbeplakate von Römerquelle erinnern. Sie fielen im Straßenbild ob ihres opulent-sinnlichen Ausdrucks auf, das war vor rund 30 Jahren. Inszeniert waren die kleinen Geschichten von Semotan, die damals als Urheberin nicht weiter in Erscheinung trat. Es ging ja um Auftragsarbeiten. In der Fotografie, das zeigen diese Werke, geht es nicht nur um Lichtsetzung, sondern auch darum, die richtigen Leute auszuwählen und sie entsprechend in Szene zu setzen.

Mehrere Jahre zeichnete Semotan für diese Werbekampagne verantwortlich, dann, als sich die Auftraggeber anschickten, sich immer mehr in ihre Arbeit einzumischen, legte sie sie nieder. Das bedeutete für sie einen erheblichen Einnahmeverlust, doch ihre Unabhängigkeit und künstlerische Integrität waren ihr wichtiger. Diese Kommerz-Arbeiten sind nun durch die Aufnahme ins Kunstmuseum gleichsam geadelt worden.

Keine Spur von Anbiederung

Schnell gibt sich ein Künstler, eine Künstlerin als unbeugsam, unkorrumpierbar. Nur, Semotan glauben wir das auf Anhieb. Man betrachte nur die Aufnahme, die sie von sich selbst in der Ausstellung zeigt. Kein auch nur ansatzweises Lächeln in die Kamera. Reserviert, geradezu verschlossen präsentiert sie sich. Nicht die leiseste Spur von Anbiederung. Zuletzt ist ein Dokumentarfilm über sie erschienen, von Joerg Burger, den auch das Kunst Haus zeigt. Wir sehen Semotan bei der Arbeit, beim Shooting mit jungen Leuten. Sie weiß genau, was sie will, und bleibt doch immer kooperativ. Eine Autorität ohne jedes autoritäre Gehabe. Wir erleben eine starke Frau, die zeigt, dass bestimmt und bescheiden kein Widerspruch zu sein brauchen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung