Fotos zwischen Kunst und Kommerz

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Standfotografen halten die Produktion eines Films in einzelnen Bildern fest. Die Albertina widmet diesen ihre aktuelle Ausstellung "Film-Stills. Fotografien zwischen Werbung, Kunst & Kino" und präsentiert Film-Stills als Kunstgattung.

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Standfotografen halten die Produktion eines Films in einzelnen Bildern fest. Die Albertina widmet diesen ihre aktuelle Ausstellung "Film-Stills. Fotografien zwischen Werbung, Kunst & Kino" und präsentiert Film-Stills als Kunstgattung.

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Sam Shaw -den meisten Menschen dürfte der Name nichts sagen. Dabei hat er ein Foto geschaffen, das sehr viele kennen. Es zeigt Marilyn Monroe und wie ihr weißes Kleid über dem Lüftungsschacht gerade in die Höhe geweht wird. Eine Ikone der Fotogeschichte. Oder sollten wir besser sagen: der Filmgeschichte? Bei dem Sujet handelt es sich nämlich um ein Standfoto, Fachausdruck: Film-Still, des Films "Das verflixte siebente Jahr" von Billy Wilder.

Bekanntheit schützt nicht vor Missachtung. Standfotos wurden gerade in der Frühzeit des Kinos zu Werbezwecken gemacht, dazu, um das Publikum auf neu anlaufende Streifen aufmerksam zu machen. In Kinofoyers wurden sie aufgehängt und an Zeitungsredaktionen verschickt.

Eindeutig war ihre funktionelle Ausrichtung und entsprechend gering ihr künstlerischer Wert - nicht zufällig ist Shaw heute weithin unbekannt. Mit ihrer aktuellen Ausstellung "Film-Stills. Fotografien zwischen Werbung, Kunst &Kino" versucht nun die Albertina, dieses Genre zu rehabilitieren, ihm künstlerischen Eigenwert zu attestieren. Dabei beschränkt sie sich auf Objekte aus der Zeit von 1902 bis 1975, die Blütezeit der Film-Stills. Ein Standbild, denken viele, wird gewonnen, indem ein einzelnes Bild aus dem Filmstreifen kopiert und anschließend vergrößert wird. Ein Irrtum! Vielmehr handelt es sich hier um eine eigens angefertigte Aufnahme. Bestes Beispiel dafür ist besagtes Monroe-Bild. Wer "Das verflixte siebente Jahr" gesehen hat, weiß, dass ihr Kleid im Film längst nicht so hoch fliegt wie auf dem Foto.

Den Film auf den Punkt bringen

Als das Kino noch jung war, wurden Film-Still-Fotografen vorzugsweise von den Werbeabteilungen der Produktionsfirmen engagiert. Ihre Bildideen sprachen sie mit den Regisseuren ab, doch nicht immer, es gab auch Ausnahmen. Pier Paolo Pasolini und Jean-Luc Godard etwa ließen den Fotografen mehr oder weniger freie Hand.

Die Geschichte der Film-Stills ist keine Geschichte der einheitlichen, linearen Entwicklung. Stattdessen kam es immer wieder zu Brüchen und unterschiedlichen Akzentsetzungen. Es ist ein großes Verdienst des Kurators Walter Moser, dass er den einzelnen Strömungen sehr genau nachgeht und so ein differenziertes Bild dieser - ja, der Begriff ist mit dieser Präsentation angebracht - Kunstgattung liefert. Da die Albertina kaum über eigene Bestände verfügt, ging sie eine Kooperation mit dem Filmmuseum ein, das 130 Film-Stills zur Verfügung stellte.

Am Anfang dominierte das statische Bild, was allein schon technisch bedingt war. Der Studiofotograf arbeitete mit großformatigen Plattenkameras, die lange Belichtungszeiten erforderten. Oft reinszenierte er nach Drehschluss einzelne Szenen, die ihm geeignet erschienen, den Film gleichsam auf den Punkt zu bringen.

Mit Aufkommen der Kleinbildkamera wurde der Fotograf flexibler und mobiler, er machte nun seine Aufnahmen auch neben den Dreharbeiten. Der Berliner Fotograf Hans Natge ist dafür ein Beispiel. In einem Detail unterscheiden sich seine Bilder von denen im Film: Bei ihm blicken die Schauspieler direkt in die Kamera, denn das Foto will den Betrachter unmittelbar ansprechen, im Film tun sie es nicht, da hätte es nur unnatürlich, desillusionierend gewirkt.

Quer durch die Filmgeschichte

James Stewart hält eine Kamera mit einem langen Teleobjektiv in den Händen. Auf der Frontlinse ist jene Person zu sehen, die er im Blick hat. In der Wirklichkeit gibt es das nicht, hier handelt es sich um eine Montage, angefertigt für Hitchcocks Film "Das Fenster zum Hof". Der Fotograf: anonym. Kein Einzelfall, auch der Autor des bekannten Standbilds zu dem Streifen "Der große Diktator" - wir sehen Charlie Chaplin über eine Weltkugel gebeugt - ist heute nicht mehr eruierbar.

Hier Werner Krauß, dort der junge Jean-Paul Belmondo. Immer sind es nur einzelne Aufnahmen. Doch jede spiegelt mit ihrem je eigenen visuellen Konzept eine andere Zeit. Und so ist der Ausstellungsbesuch auch ein Schnelldurchlauf durch rund 70 Jahre Filmgeschichte.

Film-Stills

bis 26. Februar, Albertina

tägl. 10 -18 Uhr, Mi bis 21 Uhr

www.albertina.at

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