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LICHTER UND SCHATTEN DER GROSS-STADT

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Der Wiener ist, zum Unterschied von anderen Großstadtbewohnern, nicht sehr museums- und ausstellungsbesuchsfreudig. Er hat eine klassische Ausrede dafür: die unbequemen Besuchszeiten. Das ist nun freilich eine Personal-und damit 'wieder eine- Geldfrage, die wir, mit Rücksicht auf die Sparlage unseres Staatshaushaltes, kaum lösen können. Wäre es aber wirklich besser damit, wenn wir die Besuchszeiten ausdehnen würden? Augenblicklich ist ein Versuch mit Abendbeleuchtung im Gange, der vielleicht darauf Antwort geben wird.

Auffällig bleibt, daß die „Verkehrsspitzen“ bei unseren Sammlungen in den Sommermonaten liegen — die Fremden also grundsätzlich besuchsfreudiger sind als die Einheimischen. Der Tiefpunkt wieder liegt im Dezember.

Immerhin zählten unsere zum Teil weltberühmten neun großen staatlichen Sammlungen im Jahre 1957 insgesamt 877.981 Besucher. Die Spitze hält das Kunsthistorische Museum (Hauptgebäude) mit 166.921 Besuchern; ihm folgen: Weltliche und geistliche Schatzkammer (152.832), Wagenburg (133.164), Oesterreichische Galerie (121.678), Naturhistorisches Museum (96.365), Waffensammlung, Alte Musikinstrumente und Museum österreichischer Kultur (68.676), Museum für Völkerkunde (66.701), Albertina (41.421) und Museum für angewandte Kunst (30.223). Der Monat August liegt bis zu 800 Prozent über dem Dezember.

Die auf den ersten Blick imposanten Zahlen verlieren an Eindruck nicht nur beim-Vergleich mit anderen Weltstädten, sondern auch schon bei Errechnung des Tagesdurchschnitts. Errechnen wir den Tagesdurchschnitt im am besten besuchten Kunsthistorischen Museum aus der jährlichen Besucherzahl, so kommen wir auf 457 Besucher im Tag; im August allerdings auf 812, dafür im Dezember nur auf 309! Der Tagesdurchschnitt, gemessen am Gesamtjahresbesuch, im Museum für angewandte Kunst beträgt jedoch nur noch 83, gemessen am besten Besuchsmonat, Mai: 133, am schlechtesten, Juli: 52(

Das ist blutwenig und stimmt nicht ganz zu unseren laut angemeldeten Anwartschaften auf Weltstadtrang. Dafür aber verzeichnen Wien und Oesterreich die größte Kinodichte Europas. Kein guter Trost!

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