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Suchende Kunst

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Das Suchen nach einem neuen, aus der Unrast und der Sehnsucht der Gegenwart erwachsenden, zeitgemäßen künstlerischen Ausdruck, kennzeidmet eine kleine Ausstellung der Agathon-Galerie, die einen Querschnitt durch das Schaffen des Graphikers Alfred Wickenburg und des Plastikers Walter Ritter gibt. Nicht alle Wege, die von ihnen begangen werden, erweisen sich als aussichtsvoll, manche Versuche gehen in die Irre, aber es bleibt auch in ihnen ein fanatisches Streben erkennbar, aus der Fülle künstlerischer Visionen etwas Verinnerlichtes, aus der Tiefe seelischen Erlebens Gestaltetes mit neuen Ausdrucksmitteln zu erreichen.

Wickenburgs Graphiken sind von einem. starken rhythmischen Gefühl getragen, ob er nun oberösterreichische Landschaften, einsame bäuerliche Gehöfte oder’ die malerischen Häuser Steyrs mit dem Zeichenstift festhält oder in packenden Kompositionen die Menschen unserer Zeit in ihrer Hohlheit und seelischen Dürftigkeit schildert. Auch in den Bereich religiöser Kunst trägt ihn sein gestaltender Trieb, der in der seltsamen Skizze der „Hl. drei Könige“ das visionäre Schauen und §ehnen nach dem Stern der Erlösung zu interessanter Lösung führt. Walter Ritter ist ein Plastiker von hervorragendem Können, der namentlich in einigen naturalistisch gestalte ten Porträtköpfen Werke zu gestalten vermag, die über die sprechende Ähnlichkeit hinaus auch den Charakter der Porträtierten meisterhaft wiedergeben. Aber Ritter begnügt sich nicht mit dieser bloßen Wiedergabe, er versucht mit mehr oder weniger Erfolg, vom Individuellen ins Typische vorzustoßen. Dies führt ihn zu einer plastischen Gestaltung, die an archaistische Kunstwerke erinnert, in denen gleichfalls die innere seelische Spannung so stark war, daß sie, bewußt, auf realistische Gestaltung verzichtete.

Eine große Zahl plastischer Skizzen läßt diese Entwicklung Ritters klar erkennen. Eine kleine „Pieta“, in der noch ganz deutlich die Naturnähe fühlbar ist, wird zu einer großen plastischen Gruppe ausgeweitet, die voll rhythmischer Bewegung ist, die naturgemäß zu merkwürdiger Stilisierung führt, aber gerade deshalb nicht befriedigen kann, weil das seelische Erleben dabei verlorengeht. Am deutlichsten zeigt sich Ritters Suchen nach neuem künstlerischen Ausdruck in der Plastik eines „Läufers“, in dem die Spannung vor dem Start den Leib des Läufers ins anatomisch Unmögliche auseinanderzieht.

Jedenfalls aber spürt man in allen Arbeiten Ritters das ehrliche und vom wirklichen Können getragene Streben, aus dem künstlerischen Traditionalismus heraus in ein Neuland künstlerischer Ausdrucksmöglichlcftifinerpn.

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