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Luxemburgerisch

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Im Theater an der Wien residiert nun wieder, wie bereits im vorigen Sommer, Franz Lehärs „Graf von Luxemburg“ mit einem Großaufgebot an Chor, Tänzern und Komparserie. Beim Semifinale und beim Finale war wirklich nach alter Operettentradition „alles auf der Bühne“, was der Regisseur Otto Fritz souverän in seiner mit vielen Revueeffekten verbrämten Inszenierung einzusetzen wußte: Boulevardiers, Frackträger, Künstler in Samtjacken und Baretts, Malermodelle, für die sich die Kostümbildnerin Hill Reihs-Gromes raffinierte Kreationen ausgedacht hatte, Can-Can-Tänzerin-nen, Toulouse-Lautrec-Gestalten, Ganoven und mitten darunter auch einige Herren in Smokings, was so aussah, als habe man rasch auch noch die Ober der nahen Kaffeehäuser als Verstärkung ins Rampenlicht geholt. Nur der Inspizient, der Feuerwehrmann und die Souffleuse blieben auf ihren Posten. Vom Schnürboden regnete es Goldstaub auf Walter Hoesslins Dekorationen, sie sind voll Esprit entworfene Metamorphosen, von Plüsch und Kitsch der Belle Epoque, wirken betont improvisiert, nur stehen allzu viele Leitern herum. Sollte das als Anspielung auf die „Stammbaumleiter“ des Luxemburgers gedacht sein?

Strahlender Mittelpunkt des aufwendigen Juxes: wie im Vorjahr Adele Leigh als Angele, die das Publikum wieder zu Beifallsstürmen hinriß. Welch eine Stamme, welch eine Erscheinung! Da wurde der Operette ein Sonntagskind geschenkt. Die Titelrolle ist wieder mit Peter Minich besetzt. Zum Lehär-schen Idealtenor fehlt ihm der stimmliche Glanz, dafür läßt er allen Charme eines singenden Bonvivants spielen. Neu im bunten Reigen um den befrackten Bohemien: Heinz Ho-lecek als Maler Brissard, ein sehr begabter junger Baßbariton mit Buffo-Temperament, Guggi Lö'uun-ger, dessen kleine Freundin Juliette, etwas zu wenig unbefangen fröhlich und um einige Grade zu süß-kapriziös, und Herbert Prikopa, ein Fürst Basil, der keineswegs ein verliebter Thaddädl, sondern ein stattlicher Mann in reiferen Jahren ist und tatsächlich als „Polkatänzer comme il faut“ brilliert. Paula Elges leistete sich wieder den Spaß, für ein paar Sommerwochen von der Schreibmaschine zum Schminktisch überzuwechseln und erntete als in holden Träumen schwelgende ewige Fürstenbraut verdienten Applaus. Die Tanzszenen auf Lehär-Paraphrasen gestaltete Dia Lucca, der anhaltende Schlußbeifall galt auch Anton Pau-lik, der mit dem Niederösterreichischen Tonkünstlerorchester allen rauschenden Zauber der Operette zum Klingen gebracht hatte.

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