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Wird Hongkong unabhängig?

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Gegen Ende des vergangenen Jahres veranstaltete die Hongkonger Regierung im Zeichen der Niederwerfung des chinesisch-kommuni- schen Aufstandes in dieser Inselkolonie und der Schwächung Chinas durch die Kulturrevolution eine „Hongkong-Woche“. Das Hauptziel dieser Veranstaltung war Propaganda für die Hongkonger Produkte und deren Werbung in Ubersee. Zu diesem Zweck erschien auch das Motto „Die Hongkonger konsumieren die Hongkonger Erzeugnisse!“.

Dieses Schlagwort hat den chinesisch-kommunistischen Elementen in Hongkong große Unruhe gebracht, da sie drei Sorgen haben: 1. China wird dadurch den Markt in Hongkong verlieren; 2. Das Deviseneinkommen Pekings wird dadurch geschmälert; und noch schlimmer 3. Die mehr als drei Millionen chinesischen Einwohner in Hongkong werden allmählich ein eigenes „Hongkonger Bewußtsein“ züchten, wie etwa das „Singa-

purer Bewußtsein“ der Chinesen in Singapur.

Peking befürchtet, daß der von China mit allen Mitteln hochgespielte Nationalismus nicht mehr von den Hongkonger Chinesen mit Begeisterung aufgenommen wird. Diese Befürchtung ist gar nicht grundlos, denn die Unruhe, die im vergangenen Jahr von Peking in Hongkong inszeniert wurde, hatte hauptsächlich das Leben der dortigen Chinesen schwer gemacht; die Propaganda „Chinesen müssen China lieben!“ schlug während des Aufstandes total fehl und war gar nicht populär.

Chinas Gegenkampagne

Nun, während der „Hongkong Week“, veranstaltete China als Gegenmaßnahme auch eine Kampagne mit dem Motto „Liebe das Vaterland, konsumiere chinesische Erzeugnisse!“. Statt der Kampf - atmosphäre in den Schaufenstern der pro-chifaesisch-kommunistischen Geschäfte wurde Verkaufs Werbung mit Waren geführt. „Politik hat Vorrang“ wurde von „Wirtschaft hat Vorrang“ verdrängt. Doch die Hongkonger Bevölkerung hat von den kommunistischen Bombenanschlägen schon genug; sie will jetzt nicht mehr ausschließlich chinesische Erzeugnisse kaufen. Außer Schweinen, Hühnern, Fischen und Gemüsen kauft kaum noch jemand Produkte Mao Tse-tungs. Um die Gefahr eines Ausfalls der Devisen in der Höhe von 700 Millionen US-Dollar, die Peking jährlich von Hongkong bezieht, wollten Tschu En-lais Anhänger das Bombenwerfen in Hongkong stoppen. Aber die Anhänger der Frau Mao ließen den Spaß weiter gehen.

Das „Hongkonger Bewußtsein“

In diesen Monaten hat es allerdings den Anschein, daß die Leute Tschüs in Hongkong diie Oberhand gewonnen haben. Die Folge war eben jener Verkaufsfeldzug für chinesische Erzeugnisse. Es ist für Peking jedoch ein bißchen zu spät. Das „Hongkonger Bewußtsein“ der Chinesen in dieser Kronkolonie ist heute tatsäch-

lieh im Wachsen, besonders nach der- Kulturrevolution Chinas und dem Bombenfeldzug der Hongkonger Rotgardisten.

Früher betrachteten die Chinesen in Hongkong, trotz ihrer Geburt oder langjähriger Anwesenheit in dieser Kolonie, Hongkong nur als eine Art Hotel, China war für sie die Heimat und das Vaterland. Vor ein paar Jahren beabsichtigte die Hongkonger Regierung, dieses Bewußtsein zu fördern. Auch gab es ein paar Organisationen, die diese Idee propagierten. Aber die meisten Chinesen zeigten damals kein Interesse. Ein Teil der Chinesen dachte an die künftige Zurückeroberung des chinesischen Festlandes. Andere behaupten wiederum: „Wenn wir Hongkonger sein sollen, nur weil wir hier längere Zeit leben, entsteht die Frage: Dürfen wir Hongkonger überhaupt die Politik dieser Kolonie mitmachen? Dürfen wir an der Regierung Hongkongs teilnehmen? Wenn wir keine politischen Rechte genießen, wie können wir uns als Hongkonger bezeichnen? Wie kann man sagen, daß Hongkong den Hongkon- gem und die Hongkonger zu Hongkong gehören?“

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