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Offizielle KP und Geheimbünde

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In Hongkong gibt es ein breites kommuntistisches Establishment. Dazu gehören die Parteibeauftragten in der Bank of China, dem offiziellen Bankinstitut Rotchinas, ein Teil der Spitze der chinesischen Gesellschaft, wie der schwerreiche Anwalt Dr. Cheng, und der Präsident des Internationalen Warren-Konzerns; als proletarisches Element die Führer einiger kommunistischer Gewerkschaften, vor allem der Verkehrsmittelarbeiter und der Textilarbeiter. Die Partei ist an einigen Stellen eng mit den alten Geheimgesellschaften verwachsen, die in Hongkong noch immer unkontrollierbare Macht ausüben und über engmaschige ausgebreitete Netze auf allen Kontinenten verfügen. Beide Elemente, offizielle KP und Geheimbünde, üben seit Jahren friedliche Koexistenz mit dem Kolonialregime. Würde es Hongkongs offizieller KP mit dem Antikolonialismus ernst sein, könnte sie der Kronkolonie bald das Ende einläuten. Kein kommunistischer Führer in China denkt aber daran, denn die Kronkolonie Hongkong hat für Peking unermeßlichen Wert, 400 Millionen Dollar fließen jährlich nachweisbar durch Hongkong und aus Hongkong nach Peking; ein Vielfaches dieser Summe strömt durch inoffizielle Kanäle. Hongkong ist auch Ausgangspunkt und Verteilerscheibe vieler Auslandsaktionen Pekings und die wichtigste Weiche im Verbindungsnetz zwischen den chinesischen Kommunisten und den Auslandschinesen.

Druck von linksaußen

Das Koexistenzbedürfnis der Hauptfraktionen in Peking und ihrer Vertreter in Hongkong wird seit März dieses Jahres von kommunistischen Fraktionen in Kanton mißachtet. Mit Hilfe ausgesuchter Kommunisten auf chinesischen Transport- und Wasserschiffen, die als Mannschaften aus Fukien nach Hongkong eingeschleust werden, entfachten die chinesischen „Ultras“ zuerst einen Klassenkampf innerhalb der KP Hongkongs. Die Gewerkschaften der Verkehfsmittel-arbeiter und der Textilarbeiter wurden gegen die „revisionistischen Klassenfeinde“ in der KP-Führung von Hongkong mobilisiert. Um ihre politische Position bangend, waren die Millionäre und Rechtsanwälte bald gezwungen, die von Kanton gegen den Willen Pekings importierten Aufstände zu unterstützen; der Druck der Linksaußen der Kulturrevolution in Kanton ist so groß, daß selbst Tschu En-iai gegen besseres Wissen öl ins Feuer gießen muß und die rotchinesischen Grenzbehörden zu Aktionen und „Sanktionen“ gezwungen werden; sie schnitten Hongkong die Wasserzuleitung ab. Doch die“ linken Fraktionen der revolutionären Komitees dringen nach und über die Grenze.

Bedenkliche Krisenherde

Politische Kreise in Südostaaien, besonders auf den Philippinen, registrieren die Unruhen in Hongkong mit Besorgnis als ein Zeichen des kontroll- und zügellosen Wucherns der kulturdien Revolution. Es genügt nicht mehr, die Politik nach Peking auszurichten. Man muß den neuen Zentren im kommunistischen Desintegrationsprozeß Rechnung tragen. Hier zeigt es sich, daß die Spaltungen den Kommunismus nicht harmloser machen. Die Fraktionskämpfe innerhalb des Kommunismus werden zu Rivalitätskämpfen in der internationalen Politik und die einzelnen Fraktionen müssen einander hinauflizitieren. Bedeutete der kommunistische Monolith stalinscher Prägung mehr oder weniger eine konzentrierte Gefahr, so bringt der Desintegrationsprozeß des Kommunimus von heute eine von keiner Seite kontrollierbare Ausbreitung der Krisenherde.

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