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Ö1 plant eine Investition für die Zukunft: Radiohund "Rudi" soll, wenn es der Stiftungsrat genehmigt, die jüngsten Hörer an den Kultursender binden.

Zugegeben, die Untersuchung war nicht repräsentativ und hat auch sonst keineswegs den üblichen Kriterien entsprochen - und trotzdem: Wenn Rudi, der rasende Radiohund der sechsjährigen Tochter "super-gut" gefällt und sogar der dreijährige Sohn interessiert den Prototypen-Hörspielen lauscht, dann ist der Vater und Autor dieser Zeilen ebenfalls von Qualität, Witz und Originalität der geplanten Kindersendung auf Ö1 überzeugt. Jetzt fehlt nur noch, dass der ORF-Stiftungsrat bei seiner nächsten Sitzung am 6. November, den Radiohund lieb gewinnt. "Leichte Adaptionen des Ö1-Schemas" werden an diesem Termin diskutiert, war aus dem Büro von ORF-Hörfunkdirektor Kurt Rammerstorfer zu erfahren. Ob dazu Rudi gehört, dazu wollte man sich an dieser Stelle aber nicht äußern.

Der Vorschlag, dass Ö1 mit Anfang nächsten Jahres im Rahmen der Sendeleiste Moment - Leben heute von 17 Uhr 25 bis halb sechs Uhr "auf den Hund kommt", wurde jedenfalls schon mit viel Verve an die Programmverantwortlichen herangetragen. Die Initiative geht aus von Rainer Rosenberg, dem Leiter der Produktionsgruppe Spezialprogramme im ORF-Hörfunk. Für ihn ist die Etablierung eines Ö1-Kinderprogramms eine "Investition in die Zukunft" und allein aus diesem Grund schon für den Kultursender wichtig. Und fünf Minuten Kindersendung würden auch die klassischen, erwachsenen Ö1-Hörerinnen und Hören nicht stören, ist Rosenberg überzeugt. "Wo doch Kinder im öffentlichen Raum sowieso nicht in dem ihnen zustehenden Maße präsent sind."

Wo sind die Kinder im Radio?

Dieser Meinung schließt sich auch Petra Herczeg, die wissenschaftliche Beraterin von Rudi-Radiohund, vorbehaltlos an, da sie es "wahnsinnig schade, ja bedenklich" findet, dass Kinder im Radio fast völlig verschwunden sind. Herczeg war Radio-Journalistin und ist jetzt Assistentin am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft der Uni Wien. Mit Kinderradio hat sie Erfahrung, besonders Projekte in mehrsprachigen Regionen - beispielsweise bei den Burgenlandkroaten - liegen ihr am Herzen. Gerade der Hörfunk, zitiert Herczeg wissenschaftliche Studien, ist das Medium, dass Kreativität und Phantasie der Kinder fördern kann. Außerdem biete das Radio einen "Ort für Rückzug, aber auch für das Ausleben von Stimmungen und Emotionen".

Sowohl Medienbesitz als auch Medienautonomie von Kindern nehme zu, konstatiert Herczeg im Gespräch mitder Furche. Und da hat das Radio den Vorteil, "ein nicht so beargwöhntes Medium" zu sein. Eltern halten Radiohören meistens für unbedenklich, so dass Kinder ohne zu fragen, ihre Programme wählen können. "Diese Entscheidungsautonomie genießen Kinder", weiß die Kommunikationswissenschafterin. "Hier sind sie nicht so kontrolliert, so reglementiert als anderswo - hier bieten sich Möglichkeiten, sich von den Eltern zu emanzipieren." Neben der passiven Rolle als Hörerinnen und Hörer von Rudi, Radiohund will Petra Herczeg aber auch das aktive Element in diesem Programm fördern: "Radio für und mit Kinder."

Was ist an "Rudi" innovativ?

An diesem Punkt hakt Michael Manfé, Kommunikationswissenschafter in Salzburg, ein. Selbst an der Erarbeitung einer Radiomodellsendung für Kinder beteiligt, kennt er die medienpädagogischen Schwierigkeiten, die in diesem Bereich auftreten: Bei Medienwerkstätten, in denen Kinder selber aktiv sein dürfen, mangle es oft an Qualität, meint Manfé, und dann hört die Sendung niemand an. Andererseits, "wo bleibt das innovative Element?", kritisiert Manfé, wenn weiterhin der klassische Weg beschritten wird, man den Kindern - wie seit eh und je - eine möglichst positiv besetzte Identifikationsfigur vorsetzt, der/die von den Kindern auf seinen/ihren Abenteuern begleitet werden kann.

Bei aller Sympathie für das Ö1-Projekt und dem Anliegen, von klein auf Hörer an den Sender zu binden, fragt der Salzburger nach der Reichweite des Radiohunds. Manfé ist überzeugt, dass die meisten Kinder und Jugendlichen Ö3 (mit-) hören. Wenn sich der ORF explizit dieser Gruppe zuwenden will, dann müsse er aber auf diesem Sender einen Kinderfunk installieren.

Für Rosenberg ist Ö3 "als ganzes kindlich genug", dazu will er mit seinem Kinderradio gar nicht in Konkurrenz treten. Der Sendungs-Initiator gibt zu, dass Rudi ein "relativ klassisches Konzept" verfolgt, "avantgardistische Ästhetik" liege ihm fern. Die Qualität muss stimmen, sagt Rosenberg. Dafür soll die Kinderbuchautorin Christine Nöstlinger, die den Text für Rudi schreibt, beitragen. Klassisch oder avantgardistisch? Wie auch immer, dem Autor dieser Zeilen sind zwei Kinder bekannt, die sich sehr freuen würden, könnten sie nächstes Jahr aus ihrem Radio die Ansage hören: "Damen und Herren, Kinder und Welpen aller Rassen und Kreuzungen!"

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