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150 Dollar die Woche

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Es brodelt wieder in La Belle Province. Quebecs junger Premierminister Robert Bourassa berichtet, daß Terroristen-Separatisten seine Ermordung geplant hatten, während er das Grab des von ihnen erdrosselten Arbeitsministers Pierre Laporte besuchte.

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Es brodelt wieder in La Belle Province. Quebecs junger Premierminister Robert Bourassa berichtet, daß Terroristen-Separatisten seine Ermordung geplant hatten, während er das Grab des von ihnen erdrosselten Arbeitsministers Pierre Laporte besuchte.

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Paul Hellyer, nach den Wahlen von 1968 als Vizepremier der Nummern-Mann der liberalen Regierung Trudeau — nun aber ein „unabhängiger“ Abgeordneter — behauptete in Montreal, daß die Mißwirtschaft des Kabinetts die Gefahr der Absplitterung Quebecs verdoppelt habe. Noch pessimistischer ist Harold Merilees, der Abgeordnete von Vancouver-Burrard, der dafür eintritt, den unvermeidlichen Abfall Quebecs zu tolerieren: „Wir sollten als Freunde von einander scheiden. Wir wollen kein Irland in Kanada.. “

Das Erstarken der Separatisten in Quebec hat zu einer Umgruppierung der Kräfte geführt. Die Union Nationale, die bis April 1970 die Geschicke der größten Provinz des zweitgrößten Landes der Erde lenkte, leidet nun unter derartigen

Geldsorgen, daß sie ihre Tageszeitung „Montreal-Matin“ (Auflage 140.000) verkaufen muß. Anderseits erscheint Montreals „La Presse“, die größte französischsprachige Tageszeitung Nordamerikas, die wegen eines Arbeitskonfliktes mehr als drei Monate nicht gedruckt wurde, wieder in einer Auflage von 200.000 Exemplaren. Mittlerweile haben die Liberalen angekündigt, daß sie bei den kommenden Wahlen zum Bundesparlament 20 ihrer 56 Quebecer Abgeordneten — La Belle Province hat 74 der 264 Sitze — ersetzen werden, um die Fraktion durch junge Talente aufzufrischen.

Die Anstellung von Pierre Vallieres — lange einer der prominentesten Köpfe der FLQ-Terrori-sten-Separatisten — bei einem staatlichen Projekt in Mont Laurier entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie. Vallieres wird sich in Kürze vor Gericht wegen der Aufhetzung zu Attentaten verantworten müssen. Der Abgeordnete Real Caoutte bemerkte sarkastisch: „Vallieres sagte: ,Ich arbeite an der Zerstörung Kanadas' und Trudeau antwortete: ,0. k. Wir geben Ihnen 150 Dollar pro Woche

Auch bei den Gewerkschaften gewinnen die Separatisten nun Terrain. Selbst die Terroristen-Separatisten finden bei Louis La-berge, dem Präsidenten von Quebecs Federation of Labor, Sympathien. Gefragt, warum denn die FLQ-Ter-roristen-Separatisten kein Programm auf lange Sicht hätten, konterte Laberge: „Wer angegriffen wird, hat doch keine Zeit, das Siegesbankett vorzubereiten...“

Nun preist ein Humorist die Bemühungen von Premierminister Trudeau, Nigerien, Sambia und Tan-sanien dafür zu gewinnen, das Commonwealth nicht zu verlassen — und fügt sarkastisch hinzu: „Das ist ein ausgezeichnetes Training für das Uberreden Quebecs, doch bei Kanada zu bleiben...“

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