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15.000 in Not

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Wer innerhalb von sieben Jahren mindestens zehn Prozent beziehungsweise innerhalb von drei Jahren zumindest die Hälfte seiner Verbindlichkeiten zahlt, ist von den restlichen Schulden für immer befreit. Gläubiger müssen sich damit abfinden, nur einen Teil ihrer Außenstände hereinzubekommen.

„Wir waren selbst überrascht, wie viele ehemalige Firmenchefs seither zu uns gekommen sind", so Alexander Maly, Gründungsmitglied der österreichischen Schuldnerberatung zur furche. „Knapp drei Viertel aller tatsächlich abgeschlossenen Privatkonkurse betreffen derartige Fälle."

Der weit geringere Teil der Bankschuldner sind Leute, die sich beim Hausbau oder beim Neueinrichten ihrer Wohnung übernommen haben. Das restliche Viertel der Personen, die bei der Schuldnerberatung vorsprechen, sind meist Frauen, die durch unüberlegte Bestellungen bei Versandhäusern in den Schuldenstrudel geraten sind.

Die durchschnittliche Schulden-höhe aller Klienten der Schuldnerberatung liegt bei 850.000 Schilling -Tendenz steigend. 1,2 Millionen sind es bei jenen, die tatsächlich in Privatkonkurs gegangen sind. Am häufigsten sind Beträge von etwas über einer Million: Das sind ehemalige Selbständige und Häuselbauer. Es folgen die 600.000 Schilling Schuldner, die etwa wegen Wohnungseinrichtungen ins Schleudern geraten sind, sowie Leute, die mit rund 350.000 Schilling im Minus sind: Katalogbestellungen, Kontoüberziehungen und „einfach den Überblick verloren".

„Wir versuchen zunächst, unseren Klientinnen und Klienten ihre Situation offenzulegen", sagt Maly. Nichts beschönigen, aber auch nichts dramatisieren, sondern die Ratsuchenden dazu zu bringen, ihre Lage realistisch einzuschätzen. Bildlich gesprochen wird der Schuldenberg in Teile zerlegt und dadurch übersichtlicher gemacht. Dann hilft man den Betroffenen, Pläne zu entwickeln, wie sie aus ihrer Misere wieder herausfinden können. So wird beispielsweise empfohlen, zuerst den Mietzins zu begleichen und dann erst an das Bückzahlen von Schulden zu denken. „Viele sind bereits dermaßen planlos, daß sie einmal an diesen und einmal an jenen Gläubiger zahlen - und auf einmal werden sie delogiert", beschreibt Maly ein leider häufiges Schicksal.

Auf der anderen Seite versucht die Schuldnerberatung, den Gläubigern ihre rechtlichen Möglichkeiten - und vor allem deren Grenzen - aufzuzeigen. Bei Banken sei die Einsicht noch nicht allzu groß. Sie stellten, so Maly, noch immer allzu hohe Forderungen im Vergleich zur Höhe der Kredite und zur Leistungsfähigkeit der Schuldner. Die Schuldnerberatung in ihrer heutigen Form existiert seit 1991. Im Vorjahr haben mehr als 15.000 Personen mit den zehn Filialen Kontakt aufgenommen, eineinhalbmal so viel wie 1994.

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