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Digital In Arbeit

Aber nicht in Gewerkschaftshand

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Die Sinnhaftigkeit einer möglichst breiten Vermögensstreuung ist heute in Wirtschaftsund Sozialpolitik unbestritten. Die Möglichkeiten des Eigentumserwerbes stellen seit jeher einen wichtigen Leistungsanreiz dar. Eigentumserwerb erhöht die persönliche Entfaltungsmöglichkeit und bietet bei Mobilisierung der persönlichen Verantwortlichkeit individuelle Absicherung gegen Lebensrisken. Soweit ist alles klar. Problematisch wird es nur bei der Wahl der Wege, wie es zu einer Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand kommen soll. Heute ist unbestritten, daß die Fünktionsfähigkeit unserer freien Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung auf Eigentumsbildung basiert. Und es ist zumindest in der entwickelten Welt kein Geheimnis, daß diese Wirtschaftsordnung immer noch am meisten dem Grundsatz der Wirtschaft, möglichst viel für möglichst viele unter Wahrung der persönlichen Entscheidungsfreiheit und damit der Menschenwürde zu erreichen, entsprochen hat.

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Die Sinnhaftigkeit einer möglichst breiten Vermögensstreuung ist heute in Wirtschaftsund Sozialpolitik unbestritten. Die Möglichkeiten des Eigentumserwerbes stellen seit jeher einen wichtigen Leistungsanreiz dar. Eigentumserwerb erhöht die persönliche Entfaltungsmöglichkeit und bietet bei Mobilisierung der persönlichen Verantwortlichkeit individuelle Absicherung gegen Lebensrisken. Soweit ist alles klar. Problematisch wird es nur bei der Wahl der Wege, wie es zu einer Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand kommen soll. Heute ist unbestritten, daß die Fünktionsfähigkeit unserer freien Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung auf Eigentumsbildung basiert. Und es ist zumindest in der entwickelten Welt kein Geheimnis, daß diese Wirtschaftsordnung immer noch am meisten dem Grundsatz der Wirtschaft, möglichst viel für möglichst viele unter Wahrung der persönlichen Entscheidungsfreiheit und damit der Menschenwürde zu erreichen, entsprochen hat.

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Diese Funktionsfähigkeit findet um so mehr Stärkung, je weitere Kreise tatsächlich Vermögen bilden. Wirksam gedeihen - und das möchte ich unterstreichen- kann jedoch die Idee der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand nur auf der Basis völliger Entscheidungsfreiheit aller Beteiligten im Spannungsfeld der freien Markt- und Einkommenskräfte.

„Auf seine Freiheit verzichten, heißt auf sein Menschentum und die Menschenrechte verzichten“, sagt Rosseau bereits zu Beginn seines „Contrat Social“. Die derzeitigen gesellschaftspolitischen Strömungen münden hingegen in eine immer umfassendere Einmischungspolitik des Staates.

Demgemäß gibt es heute Institutionen, wohin man blickt; und nichts ist heute vermehrungsfreudiger als Institutionen, die die Lebensabläufe des einzelnen reglementieren. Es scheint, als ob Fortschritt und Erziehungsarbeit der Jahrhunderte den Menschen immer unmündiger gemacht haben, zumindest in den Augen von Macht-habern. Dies entspricht weder dem christlichen Menschenbild noch birgt es eine ökonomisch vertretbare Lösung. Denn mehr Bürokratie bedeutet nicht nur mehr Abhängigkeit, sondern auch mehr Reibungsverlust. Von drei erarbeiteten Schillingen geht heute schon einer durch die Kosten der Staatsverwaltung verloren; in der Zen-tralverwaltungswirtschaft noch mehr!

Speziell wir nun, die wir nach Möglichkeiten suchen, dem Arbeitnehmer Wege zur Vermögensbildung zu erschließen, die Initiative und Eigenverantwortlichkeit des einzelnen zu fördern, sollten uns hüten, mit dem Strom

der Vermassungstendenzen zu schwimmen. Nichts ist so privat wie das Vermögen. Daher bedeutet jede Institutionalisierung seiner Bildung nichts anderes als Eingriff, Lenkung und Bevormundung.

Daher gleich vorweg: Vermögensbildung in Arbeitnehmerhänden kann in den verschiedensten Formen erfolgen - und die Geldkapitalbildung ist dabei, wie die Erfahrung zeigt, wahrlich nicht die schlechteste! Im übrigen gibt es für fast alle anderen Möglichkeiten durchaus auch schon jetzt den Rahmen, vielfach aber keine ermutigenden Erfahrungen!

Dabei geht es mir gar nicht darum, daß durch das Beschreiten neuer Wege in der Vermögensbildung über die verschiedenen Formen von Miteigentum vielleicht Veranlagungen beim Kreditapparat entfallen würden. Wohl aber geht es mir darum, daß bisher bestehende und einwandfrei funktionierende Formen der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand schwer unter die Räder kommen würden.

An sich stellt die heutige Organisation des Kreditwesens ein Optimum sowohl was Risikotragung als auch was Garantie der Unabhängigkeit des einzelnen anlangt, dar. Die Bank ist als Umschlagplatz des Geldes zu betrachten, ihre Hauptfunktion ist die Fristen-, aber auch die Riskentransforma-tion. Übersehen wir insbesondere nicht das letztere Moment. Durch die breite Kreditstreuung und die Notwendigkeit des Einsatzes von Eigenkapital ist das Risiko für den einzelnen Einleger auf ein Minimum reduziert.

Für die allgemein diskutierte Art der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand, die gar keine ist, sondern eher eine Nachfrage, stehen an sich zwei Möglichkeiten offen: Die innerbetrieb-

liehe Vermögensbildung durch Darlehen der Arbeitnehmer an den Betrieb, die außerbetriebliche Vermögensbildung durch einen allgemeinen Fonds. Wie die Lage heute ist, muß man vom Standpunkt unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, aber auch vom Gesichtspunkt des christlichen Menschenbildes, den zweiten Weg gar nicht diskutieren. Denn bei diesen Tendenzen dürfte es sich nicht so sehr um Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand, sondern um Vermögensbildung - um nicht zu sagen Machtbildung - in Gewerkschaftshand handeln.

Man muß sich dabei im klaren sein, daß sich nur ganz wenige Unternehmen mit selbstverständlich guter Ertragslage zur Mitbeteiligung der Arbeitnehmer eignen. Welche Form der Vermögensbildung soll man aber der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung bieten, die von vornherein keine Möglichkeit hat, sich an einem eigenen Unternehmen zu beteiligen, etwa den Beamten, den Meistern und Angestellten in Kleinbetrieben und in Unternehmen, deren Ertragslage eine Mitbeteiligung nicht wünschenwert macht?

Ich möchte nichts anderes, als darauf hinweisen, daß maßgeschneiderte Sparformen für jede gewünschte Veranlagungsmodalität bereits bestehen. Angefangen vom Sparbuch, das jederzeitige Abhebemöglichkeit bietet, bis zu den höchstverzinslichen Formen des zeitgebundenen Sparens wie Wertpapieranlage, Sparbrief, Prämienoder Bausparen. Ich glaube auch nicht daran, daß in der Praxis durch Mitbeteiligung eine höhere Verzinsung als etwa beim Bausparen zu erzielen wäre.

Alts einem Vortrag von Generaldirektor Dr. Hellmuth Klauhs vor dem Kummer-Institut.

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