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Abhärten mit Kneipp

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Das einfachste Training, mit dem wir unmittelbar die körpereigenen Abwehrkräfte stärken können, ist eine vernünftige „Abhärtung" . Pfarrer Kneipp hat das ganz richtig erkannt: nicht einseitige Maßnahmen trainieren, sondern das Wechselspiel der Beize. Der Körper muß fähig sein, auf Kälte gelassen zu reagieren, sie so perfekt wie möglich abzuschirmen um dann sofort wieder tüchtig einzuheizen, also für eine gesunde Durchblutung zu sorgen.

Kneipp ging noch einen Schritt weiter: Zur äußeren Anwendung des Wassers fügte er die innere der Heilkräuter hinzu. Luft, Licht, Bewegung, Buhe, eine sinnvolle Ernährung und vor allem die Beachtung seelischer Faktoren machen so die von ihm kreierte Kur zu einem geeigneten Instrument, um die körpereigene Abwehr wieder auf Vordermann zu bringen.

Entscheidend für die Entstehung der Kneippkur, vor nunmehr über hundert Jahren, waren die persönliche Erfahrungen Sebastian Kneipps mit einer schweren Krankheit. Als es ihm immer schlechter ging, fiel ihm ein Büchlein des Arztes Jonann Siegmund Hahn in die Hände mit dem Titel: „Unterricht von Krafft und Wür-kung des frischen Wassers in die Leiber der Menschen, besonders der Kranken bey dessen innerlichen und äußerlichen Gebrauch". Angeregt durch dieses Büchlein erprobte Kneipp die Kraft des Wassers an sich.

Er lief eines Wintertages Dreiviertelstunden weit an die Donau, zog sich aus, stürzte sich für einige Sekunden in die kalten Fluten, bekleidete sich ohne sich abzutrocknen und eilte so zu seiner Wohnung zurück, wo er in Schweiß gebadet ankam. Offensichtlich hat ihm das wie Kneipp berichtete geholfen: „So ging ich denn in der Woche dreimal (im Winter) in die Donau hinaus (die Kälte mochte sein, wie sie wollte) und habe Halbbäder genommen von drei bis vier Sekunden".

Nach und nach ging es ihm besser. Er beendete sein Studium, das er krankheitshalber unterbrochen hatte. 1852 wurde er zum Priester geweiht.

Sebastian Kneipp war ein guter Beobachter. Aus eigenen und anderen Erfahrungen begann er bald die Anwendungen zu differenzieren. Von „Boßkuren", wie er sie am eigenen Leib erprobt hatte, riet er in der Folge ab. In seinem 1886 erschienenen Buch „Meine Wasserkur" warnte er sogar vor jedem zu häufigen Anwenden des Wassers. Er war auch überzeugt, daß der die vorteilhaftesten Wirkungen und Besultate mit Wasser erziele, „der es in der leichtesten, schuldlosesten Form zu gebrauchen weiß."

Kneipps Grundauffassung war die der Naturheilkunde. Gesundheit ist nach dieser Auffassung mehr als Freisein von Krankheit. Sie ist optimale Harmonie aller leiblich-geistig-seelischen Funktionen. Will man also gesund bleiben oder eine Krankheit überwinden, kommt es immer auf die Stärkung der Naturkraft in uns an. Die wird gestärkt durch Training niemals durch Schonung. Vorrangig für den Priester Kneipp war die Ordnung im Geistig-Seelischen. Als primäre Ursachen der Krankheit sah er falsches Verhalten dem gesamten Leben gegenüber an. Daher setzte er auch alle Behandlungsmaßnahmen intuitiv und sicher im Hinblick auf die Lfiib-Seele-Einheit ein. Und Kneipp ist auch ein gutes Beispiel dafür, wie entscheidend für die Heilung einer Krankheit die seelische Einstellung ist: Der schwer tuberkulöse Student überwand mit eisernem Willen zum Gesundwerden und den entsprechenden Maßnahmen seine Krankheit. Er wurde 76 Jahre alt.

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