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Vom Brot der Kunst

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Glaubt nicht, die ihr versammelt seid, ihr wäret gerechter als die Ungerechten, weil ihr den Meistern Ehrfurcht zollt und euch vom Brot der Kunst zu essen kauft. O kaufet nicht von diesem Brot, wenn ihr vom Brot des Tisches dem Nächsten schuldig seid. O kaufet nicht Musik für euer Ohr, wenn ihr das Weinen gekränkter Herzen nicht mehr hören könnt. Musik entsühnt euch nicht! Auch Henker sitzen zuliebst bei Hörnerklang und Saitenspiel und stehn als Henker wieder auf. Sie nehmen die Kunst wie den Tribut der Unterjochten. Sucht nicht die Katarakte der Musik, wenn euch das Mißgetön der eignen Phrase zutiefst bewußt wird. Eure Würde hat euch nicht die Kunst genommen, also kann die Kunst sie euch nicht wiedergeben. Aber es steht ja alles jederzeit bei euch.

Denn alles, was da trifft, trifft euch durch euch und nicht von ungefähr. Nennt es nicht Blitz!

Denn der hat keine Wahl. Ihr aber hattet und habt zu jeder Zeit die Wahl. Und dennoch: wie Mensch den Menschen traf, traf nie ein Blitz.

Glaubt nicht, daß einer kommt, der neues Heil nennt!

Denn was zu sagen not tut, ist gesagt schon seit Jahrtausenden. Erhofft euch nichts, wenn ihr von euch nichts hofft! Hofft nicht auf Schlachten!

Hofft Rache nicht! Was ihr gewinnen könnt, kann auf der Walstatt nur verlorengehen; vielleicht für immer, doch bestimmt für euch.

Eßt nicht vom Brot der Kunst, um zu vergessen, was Gott euch nie vergißt. Vergessen dürft ihr nur aus Barmherzigkeit die fremde Schuld. Zu euch seid unbarmherzig, daß euch Gott barmherzig sei. Die Kunst entsühnt euch nicht — sie leidet selbst zu sehr, woran ihr leidet —, doch viel vermag sie über den, der sich bereiten will, mit Gott gerecht zu leben. Bereitet euch! Und füllt das Haus mit Schweigen, daß sich das Schweigen mit Musik erfülle.

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