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Auch Film gehört zur Kultur

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Das Wiener Filmangebot wird immer sommerlicher, aber das stimmt eigentlich auch nicht, denn so „sommerlich“ ist es so ziemlich das ganze Jahr über. Man lese etwa die Kinoprogrammspalte einer Zeitung aus Mailand: was dort an Filmen an einem Tag gezeigt wird, von künstlerischen neuen bis zu sehenswerten Reprisen, ergibt eine Palette, die unserer so überheblichen „Kulturstadt“ das ärmlichste Zeugnis ausstellt. Doch es ist unleugbar — der Wiener ist kein Kinogänger, hat im Grunde für Film nicht viel übrig (oder nur wenige ziemlich wenig) — und das macht sich nicht nur im Publikum bemerkbar, sondern auch in der „Branche“.

Und was kann man hier also sehen? Eine Diamanten-Raubkomödie mit dem schönen Titel und interessanter Besetzung „Brillanten und Kakerlaken“ (das sind deutsche Küchenschaben!), ganz amüsant und

unterhaltsam, soweit zumindest ein paar brennende Leichen am Schluß das Vergnügen an einem geglückten Milliardenraub nicht zu trüben vermögen. Doch was sich hier die deutsche Synchronisation wieder einmal leistet, überschreitet die Grenzen des Erträglichen bei weitem. Meine Herren österreichischen Filmverleiher, es wird nun ernsthaft Zeit, daß Sie in Deutschland bei Ihren Filmlieferanten gegen diese schandbare Verstümmelung unserer Sprache protestieren und diese abzustellen ernstliche Versuche unternehmen; Sie unterstützen sonst den Verfall unserer Kultur noch mehr, als dies ohnedies durch die Einfuhr schlechter und wertloser Filme bisher schon zur Genüge geschieht!

Uber den Kriminalfilm aus den USA „Der Gangsterboß aus New York“, gibt es nichts weiter zu sagen, als daß dies, eine jener durchschnittlichen Gangster-Film-Biogra-

phien ist, wie wir sie in den dreißiger Jahren in brillanter, in den fünfziger Jahren in neoveristischer und in den siebziger Jahren in der bekannt brutalen Form überreichlich zu sehen bekommen haben und noch immer bekommen. Wer also das unbedingte Verlangen in sich spürt, das Leben des New Yorker Verbrecherchefs Lepke alias Louis Buchalter (gespielt von Tony Curtis) im Kino studieren zu müssen, dürfte sich auch durch eine Warnung nicht davon abhalten lassen ...

Wenn eine Warnung nichts hilft, nützt dann eine Empfehlung? Wir wollen es hoffen — und in diesem Sinn sei also wieder auf die Ausstellung und Retrospektive im Alten

Schloß in Laxenburg hingewiesen, „Meister der Regie“, in deren Rahmen dieses Wochenende Filme von Michael Curtiz (= Kertesz) gezeigt werden, und zwar am Freitag, den 6. Juni, um 16.30 Uhr „Die Sklavenkönigin“ (Österreich 1924, Stummfilm mit Klavierbegleitung), am Samstag, den 7. Juni, um 14.30 Uhr „Casablanca“ (1942, mit Humphrey Bogart und Ingrid Bergmann), um 16.30 Uhr „Robin Hood — König der Vagabunden“ (1938, mit Errol Flynn) und schließlich am Sonntag, den 8. Juni, um 14.30 und 16.30 Uhr „Chikago“ (1938, mit Humphrey Bogart und James Cagney).

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