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Blamage im Tschad

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Frankreichs Präsident Fran-cois Mitterrand ist blamiert. Und mit ihm die ganze sozialistische Regierung.

Da handelten französische und libysche Unterhändler am 17. September in Libyens Hauptstadt Tripolis einen Truppenabzugsvertrag aus, der die Konfrontation der beiden Staaten im afrikanischen Bürgerkriegsland Tschad beenden sollte. Die französische Diplomatie ließ sich beglückwünschen, ebenso auch Österreichs Altkanzler Bruno Krei-sky für seine Vermittlungsdienste. Doch sie alle hatten die Rechnung offensichtlich ohne den Wirt — Libyens Revolutionsführer Ghaddafi — gemacht.

Bis zum Ablauf der vereinbarten Frist, dem 10. November, zogen die Franzosen ihr militärisches Expeditionskorps zurück. Nicht so die Libyer. Sie spielten Katz und Maus, zogen einen Teil ihrer im Norden des Tschad stationierten Truppen zurück, verstärkten sie dann wieder und glaubten so, Frankreich und die Weltöffentlichkeit täuschen zu können.

Nicht täuschen konnten sie damit freilich die regelmäßig über die Sahara schwebenden amerikanischen Aufklärungssatelliten, die das ganze Täuschungsmanöver photographisch dokumentierten. Sie informierten die Franzosen.

Aber Mitterrand setzte sich trotzdem auf der griechischen Insel Kreta mit Ghaddafi und dem Vermittler, dem griechischen Premier Andreas Papandreou, an einen Tisch, um den französisch-libyschen Friedensvertrag formell zu besiegeln. Derweil arbeiteten Libyer und ihre Ostblock-Berater eifrig am Bau eines Militärflughafens bei Faya Largeau im Nordtschad.

Das Bekanntwerden all dieser Fakten brachte die französische Öffentlichkeit in Aufruhr. Von „Irreführung", „Betrug", „Trottelei" war in Pariser Medien die Rede.

Das Ganze machte nur noch lächerlicher, daß Außenminister Claude Cheysson nun plötzlich auf Washington losging, das mit der Bloßstellung des libyschen Vertragsbruchs die Regierung in Paris veranlassen hätte wollen, „mit Libyen genau so umzuspringen wie die Amerikaner mit Nikaragua". Da war der Feuermelder plötzlich zum Brandstifter geworden.

Wie auch immer: Geschadet hat die ganze Angelegenheit der französischen Diplomatie ganz bestimmt. Nicht nur in den Augen der eigenen Bevölkerung ist sie diskreditiert. Gerade auch im frankophonen Afrika dürfte Frankreich beträchtlich an Glaubwürdigkeit als Schutzmacht eingebüßt haben.

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