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Der Feind steht in den eigenen Reihen

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Politische Schatten und Gefahren scheinen jetzt unzertrennliche Weggefährten des jugoslawischen Staats- und Parteichefs Josip Broz Tito zu sein. Immer schwieriger wird für den 86jährigen, die Idee der Blockfreiheit hochzuhalten und im eingeengten Manövrierfeld zwischen den Blöcken zu behaupten. Auf seine Reise durch einige Staaten des Nahen Ostens fiel noch der Schatten der ungewissen Entwicklung im Iran und das Desaster der Konferenz des Koordinierungsbüros der Blockfreien in Maputu. Der Feind der Blockfreien steht mitten in den eigenen Reihen dieser Bewegung und hat seine Maske längst fallen gelassen.

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Politische Schatten und Gefahren scheinen jetzt unzertrennliche Weggefährten des jugoslawischen Staats- und Parteichefs Josip Broz Tito zu sein. Immer schwieriger wird für den 86jährigen, die Idee der Blockfreiheit hochzuhalten und im eingeengten Manövrierfeld zwischen den Blöcken zu behaupten. Auf seine Reise durch einige Staaten des Nahen Ostens fiel noch der Schatten der ungewissen Entwicklung im Iran und das Desaster der Konferenz des Koordinierungsbüros der Blockfreien in Maputu. Der Feind der Blockfreien steht mitten in den eigenen Reihen dieser Bewegung und hat seine Maske längst fallen gelassen.

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Kuba, dessen Blockfreiheit von Anfang an viele Mitgliedsstaaten als suspektes taktisches Manöver betrachteten, hat in Maputu nachgeholt, was es auf der größeren Konferenz der Außenminister der Blockfreien im vorigen Jahr in Belgrad aus Rücksicht auf den Gastgeber gerade noch vermieden hat: die offene Stellvertretung Moskaus.

„Blockfreier als blockfrei“ sind nicht nur die Kubaner, Äthiopier und Angolaner: In Indochina verhalf das blockfreie Vietnam mit einigen Divisionen im blockfreien Kambodscha einer Gegenregierung in den Sattel. Belgrad prangert dies unbeirrt als .Aggression“ an und unterstützt mit vollem Einsatz die Roten Khmer. Moskau begegnet dieser Anschuldigung mit der Feststellung, Jugoslawien betreibe die Politik Pekings.

Die Blockfreien sind zum Spielball der Weltpolitik geworden. Der Kreml hat auch nie verhehlt, daß der blockfreie Weg antiimperialistisch und sozialistisch sein müsse. Daß dieser auch prosowjetisch zu sein hat, ist eine Konsequenz des Bruches mit Peking. Titos Warnungen vor „Stellvertreterkriegen“ verhallen unge-hört, und die moralische Legitimation der Blockfreien bröckelt sichtlich ab.

Was 1961 auf der ersten Konferenz der Staatschefs von 24 blockfreien Staaten in Belgrad so vielversprechend begann, scheint den letzten noch lebenden Initiator - Tito - kaum zu überdauern. Die von Gipfel zu Gipfel wachsende Zahl blockfreier Staaten, jetzt ungefähr 90, verwässerte die Charta der Blockfreien. Mit Blick auf den nächsten Gipfel in Havanna versuchen sie, den Bruch in den eigenen Reihen noch einmal zu kaschieren.. Die arabischen Staaten des Nahen Ostens erweisen sich hie-bei als der „neutralistische Kern“.

So warnte jetzt auch der syrische Staatschef Hafes el Assad in Damaskus vor der „Mißachtung der Prinzipien der Blockfreien, was nicht nur die Erfolge dieser Politik zunichte macht, sondern die Bewegung von innen heraus zerstört“. Und Tito

malte die Gefahren „tiefer internationaler Verschiebungen“ in den düstersten Farben, falls die Versuche zur Schwächung der Blockfreien aus „kurzsichtigen Interessen“ fortgesetzt würden.

Daß Tito seine blockfreie Idee mit allen Mitteln zu verteidigen sucht, ist klar. Ebenso unumstritten sind die Adressaten, an die Tito seine Warnungen richtete, und unumstritten ist auch die Bedeutung der Block-

freien als eine Art Puffer zwischen den Großmächten. Vor der nächstliegenden Frage, weshalb die blockfrei Orientierten nicht jene Mitgliedstaaten ausschließen, die eindeutig die auf Frieden und Gleichberechtigung basierenden Prinzipien gebrochen haben und alle anderen obendrein noch verhöhnen, scheint man noch zurückzuscheuen.

Die Erkenntnis aber, daß die krampfhaft aufrechterhaltene Fik-

tion von der Einheit der Blockfreien nur noch unberechenbare Gefahren in sich birgt und die Bewegung der Blockfreien in ihre tiefste Krise treibt, scheint um sich zu greifen. Tito als Nestor der Blockfreien könnte kraft seiner international noch unbestrittenen Autorität wohl als einziger den unumgänglichen Reinigungsprozeß im Lager der Blockfreien noch durchziehen, bevor es zu spät ist.

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