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Eine emanzipierte Schattenfrau

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Zeit ihres, Lebens stand sie im Schatten Jean-Paul Sartres, des berühmten Freundes, Mannes, Schriftstellers, Philosophen - weil sie es so wollte, wie sie immer wieder versicherte. Ein entsprechendes Bild - durchaus den bekämpften bürgerlichen Vorstellungen entsprechend - wurde der Öffent-lichkeit präsentiert. Indiz für die Dominanz des Mannes in der oftmals idealisierten Beziehung war auch der Umstand, daß es um die Autorin von immerhin weltbewegenden Büchern wie „Das andere Geschlecht“ und „die Mandarine von Paris“ seltsam still wurde, als Sartre verstorben war.

Nun versucht die von der Amerikanerin Deirdre Bair akribisch geschriebene Lebensgeschichte „Simone de Beauvoir. Eine Biographie“ (in New York 1990 erschienen!) zurecht eine Revision dieses Bildes auf mehreren Ebenen. Bair ist in ihrem Metier bewährt - mit „Samuel Beckett“ erhielt sie 1981den „National Book Award“ der USA.

Um gleich vorweg zu resümieren: Der fast 900 Seiten umfassende Band wird auch bei längerer Lektüre kaum langweilig, gerade weil er auf indiskreten Trasch verzichtet,, ohne aber deswegen „Hintergrundinformationen“ zu verhehlen. Daran mangelt es ebensowenig wie an Zuträgern und Informanten, besonders Wenn es um die Beziehung de Beauvoir - Sartre geht. In diesem sensiblen Punkt wagt es die Autorin, mit dem antibürgerlichen Klischee einer aufgeklärten, über 50 Jahre dauernden Partnerschaft aufzuräumen: Ohne ins Detail zu gehen, darf mit Bair festgestellt werden, daß die „Harmonie“ in der „Familie“ (dem „Anhang“ von de Beauvoir und Sartre) oft genug auf Kosten und nur mit Hilfe de Beauvoirs aufrechterhalten werden konnte. Bair dokumentiert auch genau, wie beide im Alter sich entfremdeten.

So verdienstvoll diese Seite der Biographie bleibt, die andere Seite, die denkerische Leistung de Beauvoirs kommt dabei zu kurz. Die Behauptung, sie habe Sartre auch in der politischen Diskussion und in grundsätzlichen philosophischen Fragen durchaus ebenbürtig gegenübergestanden, blejbt bloße Behauptung, wenn dann doch wieder die Sartre-sche Version eines Gedankens referiert wird.

Die Biographie wurde elso keine Hagiographie. Um so „wahr“ wie möglich zu bleiben, hatte Bair jahrelang Gelegenheit, mit Simone de Beauvoir zu sprechen. Die Autorin hat allerdings auch eine akademischen Ansprüchen genügende Arbeit geschrieben: Alleine der Anmerkungsteil nimmt fast 100 Seiten in Anspruch, ein ausführliches Register rundet den Band zu einem de Beau-voir-Nachschlagewerk.

SIMONE DE BEAUVOIR. Eine Biographie. Von Deirdre Bair. Aus dem Amerikanischen von Sabine Lohmann, Uda Strätling und Sonja Hauser. Verlag Albrecht Knaus, München 1990. 896 Seiten, öS 452,40.

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