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Ende der Warteschlange

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Österreich befinde sich, so Manfred Matzka vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes, „am Ende der Warteschlange auf dem Weg vom Polizeistaat zum Rechtsstaat“. Größter Stein des Anstoßes für den Verfassungsiuristen ist jene Bestimmung des österreichischen Verwaltungsstrafgesetzes, nach der die Polizei ohne richterliche Anordnung einen Verdächtigen bis zu 48 Stunden in Haft nehmen darf.

Weil eben diese Gesetzesbestimmung, die den Exekutivbeamten eine so weitgehende Befugnis der Freiheitsberaubung zuspricht, eindeutig der Europäischen Menschenrechtskonvention widerspricht, hat Österreich, als es der Konvention beigetreten ist, als einziges Land des Europarates in diesem einen Punkt einen Vorbehalt zur Menschenrechtskonvention erklären müssen.

Dieser Vorbehalt kann gleichzeitig aber auch als Auftrag gewertet werden, die Rechtslage so bald wie möglich den Bestimmungen der Konvention entsprechend zu ändern. Bis heute ist das nicht geschehen.

Nach dem geltenden Verwaltungsstrafgesetz liegen auch die Rechte des in Polizeigewahrsams Angehaltenen im argen. Noch gibt es kein Recht des Verhafteten auf die Anwesenheit eines Anwalts oder einer Vertrauensperson während oder zumindest unmittelbar nach der Einvernahme — in anderen demokratischen Staaten längst eine Selbstverständlichkeit.

Allein diese Mängel im Rechtssystem öffnen hierzulande Ubergriffen der Polizei bei Verhören Tür und Tor. Und daß der gute Ton bei Amtshandlungen nicht selten eine Ausnahme darstellt, ist auch darauf zurückzuführen, daß der Exekutive bei ihrem Einschreiten ein - im Vergleich auch zu anderen Behörden — überaus großer Ermessensspielraum eingeräumt wird.

Das führt nicht selten zu „Mißverständnissen“ bei den Betroffenen - Beamten wie Bürgern. Ein modernes Polizeibefugnisgesetz könnte hier Abhilfe schaffen, auch im Interesse der Rechtssicherheit und des Vertrauens der

Staatsbürger in seine Ordnungshüter.

So versteht sich denn ein soeben gegründeter „Verein zur Wahrnehmung der Menschenwürde unter der Staatsgewalt“ als Hüter der grundlegenden Menschenrechte auch für Bürger, die mit der Polizei in Konflikt geraten sind. Der Verein sammelt nicht nur Berichte von Polizeiübergriffen und konfrontiert damit die zuständigen Dienststellen, sondern will in Zusammenarbeit mit Innenministerium und Bundeskanzleramt auch Vorschläge zur Veränderung in Organisation und Ausbildung der Exekutive machen, die zu einem besseren Verhältnis von Bürger und Polizei beitragen.

Darüber hinaus bietet der Verein kostenlosen Rechtsbeistand an, wenn jemand glaubt, Opfer eines ungerechtfertigten Ubergriffs der Sicherheitsorgane zu sein (jeden Montag unter der Telefonnummer 0222/93 58 683; Spenden für die Tätigkeit des Vereins auf das Konto Nr. 616 219 804 bei der Zentralsparkasse Wien).

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