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Erratische Blöcke im Wirtschaftsgefüge

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In einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung über die Bedeutung der öffentlich-gemeinwirtschaftlichen Unternehmen in 19 demokratisch-marktwirtschaftlich organisierten Staaten belegen die beiden Harvard-Professoren Kenneth D. Walters und Joseph Monson für Österreich den höchsten Anteil an der Gesamtwirtschaft.

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In einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung über die Bedeutung der öffentlich-gemeinwirtschaftlichen Unternehmen in 19 demokratisch-marktwirtschaftlich organisierten Staaten belegen die beiden Harvard-Professoren Kenneth D. Walters und Joseph Monson für Österreich den höchsten Anteil an der Gesamtwirtschaft.

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Ein eben fertiggestelltes Forschungsprojekt der Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Gemeinwirtschaft („Kapitalausstattung und Leistungsfähigkeit der österreichischen Gemeinwirtschaft") bestätigt diesen Befund: 1975 schafften die 411.300 in öffentlichen Unternehmen Beschäftigten einen Produktionswert von rund 127 Milliarden Schilling, das waren 21 Prozent des österreichischen Sozialprodukts.

Im Rahmen der einzelnen Wirtschaftszweige erreichen die öffentlichen Unternehmen sehr unterschiedliche Anteilswerte: So sind fast 80 Prozent der österreichischen Geld-, Kredit- und Versicherungswirtschaft quasi-verstaatlicht; im Versorgungsbereich (einschließlich Verkehr) sind es 75 Prozent, in der gewerblichen Produktion immerhin 25,6 Prozent. Zwischen 1970 und 1975 wurde zudem ein stark steigender Trend im Bauwesen und im Handel festgestellt.

Der Bilanzsumme nach entfallen fast 77 Prozent der österreichischen Aktiengesellschaften auf den öffentlichen Sektor und nur 23 Prozent auf den erwerbswirtschaftlichen Bereich.

Von der Summe der Sachanlagen aller österreichischen Aktiengesellschaften entfallen 83 Prozent auf öffentliche Unternehmungen; dieser •■■■>-eJütrem höhe Wert erklärt sich aus der

„Die privaten Unternehmen erzielen eine mehr als dreimal so hohe Eigenkapitalrentabilität als die öffentlichen Unternehmungen."

hohen Anlageintensität insbesondere der in der Energie- und Verkehrswirtschaft tätigen Unternehmungen.

Bei einem Vergleich der Eigenkapitalausstattung zeigt sich, daß die Eigenkapitalquote bei öffentlichen Unternehmen im Durchschnitt (1975) bei 37 Prozent, die der privaten Unternehmen dagegen nur bei 31 Prozent lag.

Allerdings erzielen die privaten Unternehmen eine mehr als dreimal so hohe Eigenkapitalrentabilität (2,9 Prozent) als die öffentlichen Unternehmungen (0,9 Prozent). Dementsprechend fallen die Verluste der öffentlichen Aktiengesellschaften erheblich höher aus als die der privaten Aktiengesellschaften: Zwischen 1973 und 1975 stiegen die Verluste der öffentlichen Aktiengesellschaften von 1,2 auf 3,3 Milliarden Schilling, während die Summe der Verluste bei den privaten Aktiengesellschaften in diesem Zeitraum ziemlich konstant bei einer Milliarde Schilling lag.

Die Autoren dieser Untersuchung über die „Kapitalausstattung und Leistungsfähigkeit der österreichisehen Gemein Wirtschaft" meinen es gut mit ihrem Untersuchungsobjekt. Dennoch bleibt es ihnen nicht erspart, meist zwischen den Zeilen Kritik an der Geschäftsgebarung zu äußern. So ist es ihnen unerklärlich, warum die bei den gemeinwirtschaftlichen Unternehmungen ausgewiesenen liquiden Mittel dreimal so hoch wie bei den privaten Unternehmen sind.

Offensichtlich zählt es in öffentlichen Unternehmen zur geschäftspolitischen Übung, ähnlich wie die Sparstrumpfsparer ihre Barmittel zinsenlos zu horten. Diese Praxis beweist nicht nur die offensichtlich recht unprofessionelle Führung von Milliarden-Konzernen, sondern auch die moralisch durchaus problematische Attitüde der Verwalter öffentlicher Unternehmungen, mit dem Geld der Steuerzahler (denn die müssen für die Verluste der öffentlichen Unternehmungen aufkommen) nicht gerade sorgsam umzugehen.

Ebenfalls nicht ganz verständlich ist den Autoren dieser Untersuchung die äußerst geringe Eigenkapitalrentabilität öffentlicher Unternehmen. „Diese Wahrnehmung", so schreiben sie, „erstreckt sich im wesentlichen auf alle Wirtschaftsabteilungen". Dies könnte, wie sie schreiben, an „gemeinwirtschaftlichen Verhaltensweisen" liegen, und nur sehr zögernd wird das viel entscheidendere Motiv genannt: das „unwirtschaftliche Verhalten". Beweise dafür sind aus den diversen Rechnungshofberichten nicht unbekannt.

Die Bedeutung der öffentlichen Unternehmungen für die Bereitstellung von Arbeitsplätzen wird von der Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Gemeinwirtschaft interessanterweise bestritten. Wörtlich heißt es: „In den öffentlichen Aktiengesellschaften waren zuletzt fast 200.000 Personen beschäftigt, in den privaten 135.800. Gemessen an den Beschäftigten ist die Bedeutung der privaten Firmen größer als nach anderen Kriterien, z. B. der Bilanzsumme (40,5 gegenüber 23,1 Prozent)."

Und so räumt diese Studie auch mit der von SPÖ-Politikem immer wieder aufgestellten Behauptung auf, daß die Gemeinwirtschaft ein Garant für die Stabilität und Schaffung von Arbeitsplätzen ist. Stolz vermerken die Autoren, daß in den siebziger Jahren in den öffentlich-gemeinwirtschaftlichen Unternehmungen „der Trend der Ersetzung teurer Arbeitskräfte durch Investitionen in Sachanlagen" erheblich stärker war als in den erwerbswirtschaftlichen Unternehmen.

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